von Sandro Danilo Spadini
Bereits im äusserst originellen Vorspann wird der Zuschauer in die Vorgeschichte eingeführt: Die Tochter eines Nationalrates wird ermordet aufgefunden. Das Boulevardblatt «Exklusiv» sieht in der
Freundin der Toten die Hauptverdächtige. Nach dem überraschenden Geständnis des Vaters wird die reisserische Berichterstattung jedoch bald ad absurdum geführt und die Redaktion steht ziemlich
blöd da. Die ganze Sequenz dauert knapp sieben Minuten, gefilmt mit rasanten Schnitten im MTV-Stil und untermalt mit einem kraftvollen Soundtrack.
Untypischer Schweizer Film
Schon hier wird einem klar, dass man es mit einem Schweizer Film der etwas anderen Art zu tun hat. Nicht bierernst und hochpolitisch, sondern eher auf Unterhaltung ausgerichtet kommt Exklusiv
daher. Dies soll nun wiederum nicht heissen, dass Florian Froschmayer keine Botschaft in petto hätte. Thematisiert wird der mitunter rücksichtslose Enthüllungsjournalismus gewisser medialer
Institutionen und dessen Auswirkungen, welche, anders als im wirklichen Leben, die Verantwortlichen am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Zwei Personen aus dem Umfeld der Zeitung werden ermordet
und Reporter Mike Bärtschi (Martin Rapold) wird telefonisch ebenfalls mit dem Tod gedroht, falls er die Berichterstattung einstellt. Trotz unverkennbarer Seitenhiebe auf den «Blick» oder Tele 24
hält sich das satirische Element in Grenzen. Ob der ganzen Medienschelte werden die Journalisten nicht etwa als abgestumpfte, über Leichen gehende Roboter dargestellt, sondern immer noch als
Menschen mit Gefühlen. Für eine differenziertere Zeichnung der Charaktere fehlt es jedoch schlicht an Zeit, dauert «Exklusiv» doch nur ganze achtzig Minuten. Hier liegt auch das Hauptmanko des ganzen Films begründet. Die Story ist ganz einfach
zu dünn, viele Themen werden nur angeschnitten, alsdann aber nicht mehr weiterverfolgt. Zurückzuführen dürfte dieser Zeitmangel wohl auf die fehlenden finanziellen Mittel sein. Lediglich 800'000
Franken standen Jungregisseur Froschmayer, der auch für das Drehbuch mitverantwortlich ist, für die Verwirklichung seines Projekts zur Verfügung. Öffentliche Fördergelder gab es obendrein auch
keine, sodass man die nötigen Mittel zu einem guten Teil durch sogenanntes Product-Placement, Werbung im Film, eintreiben musste.
Handwerklich bestechend
Trotz der angesprochenen Mängel bleibt «Exklusiv» ein für Schweizer Verhältnisse sehr gelungener Film, welcher sich formal nicht vor den amerikanischen Produktionen zu verstecken braucht. Immer
wieder wartet Froschmayer mit raffinierten Einstellungen auf, wie beispielsweise in der gar nicht mehr hollywood-mässigen Schlussequenz. Auch eine gehörige Portion Witz und ein insgesamt recht
gut aufgelegtes Darstellerensemble lassen über die Schwächen des Drehbuchs grosszügig hinwegsehen. «Exklusiv» ist bestimmt kein Film für die Ewigkeit. Er bietet jedoch etwas, was dem Schweizer
Film im Allgemeinen abgeht: Unterhaltung und Nervenkitzel, geradlinig und schnörkellos – wie Boulevardjournalismus eben.