von Sandro Danilo Spadini
Ob «White Palace» (1990), «When a Man Loves a Woman» (1994) oder zuletzt «Message in a Bottle» (1999): In den Filmen des Mexikaners Luis Mandoki wird geküsst und geliebt, gestritten und geheult,
argumentiert und diskutiert, nochmals geheult und wieder geliebt. Liebe ist bei ihm immer ganz eng mit Schmerz verknüpft, und es sind zumeist äussere Einflüsse oder die dunklen Schatten der
Vergangenheit, die das Glück bedrohen, es scheinbar verunmöglichen, es zwischenzeitlich gar zerstören. Nicht selten begibt er sich dabei auf eine Gratwanderung zwischen grossem Gefühlskino und
Edelkitsch.
Zuckerguss und leise Töne
Luis Mandoki mag sich ob solcherlei nicht den Kopf zerbrechen. Lieber dreht er mit «Angel Eyes» einen Film, der just in der Tradition seiner Vorgänger steht: Ein junger Witwer (Jim Caviezel) rettet einer toughen
Polizistin (Jennifer Lopez) das Leben, worauf sich die beiden ineinander verlieben. Bis sie jedoch am Schluss glücklich vereint von dannen ziehen können, sind noch allerlei Widrigkeiten aus dem
Weg zu räumen. Hierbei wird dann wieder viel geküsst und geheult, gestritten und so weiter. Geschildert wird dies vor allem in der ersten halben Stunde in der nicht eben subtilen Manier des
hollywoodschen Mainstream-Kinos, wobei die Eröffnungssequenz mit ihren zügellos eingesetzten, unerhört platten Dramatisierungseffekten fast schon parodistisch wirkt. Glücklicherweise stoppt
Mandoki aber zwischenzeitlich die Zuckergussproduktion und schlägt mitunter auch einmal leisere Töne an. In diesen Szenen hat «Angel Eyes» dann wirklich auch sehr schöne Momente. Es ist zum
Beispiel tatsächlich grosses Gefühlskino, wenn Jim Caviezels Figur in einem Jazzclub Eden Ahbez‘ melancholisches «Natur Boy», bloss von einem Flötisten begleitet, auf der Trompete spielt.
Kratzen an Oberfläche
Andere Dinge sind weniger schön. So scheint es, als ob Mandoki versucht hat, einen Rekord zu brechen mit der Anzahl Klischees, welche die Figur von Jennifer Lopez in sich vereinigt. Eine solch
flache Charakterzeichnung in einem Film des Jahres 2001 zu plazieren, erfordert schon ein sehr grosses Mass an Unverfrorenheit oder Unfähigkeit. Eine wirkliche Chance, sich zu profilieren,
bekommt so «La Lopez» nicht. Immerhin macht sie im Rahmen ihrer – am Ende wohl doch eher begrenzten – Möglichkeiten das Beste daraus. Etwas mehr Mühe gab sich Mandoki bei der Ausgestaltung des
männlichen Parts. Über Jim Caviezels Qualifikation als Schauspieler lässt sich zwar noch kein abschliessendes Urteil fällen, zumal der Newcomer bis dato eigentlich immer bloss die Rolle des
leicht entrückten Typen mit dem abwesenden Blick spielte, für «Angel Eyes» ist er jedoch ideal. Er ist es, der dem Film dann und wann die von Mandoki intendierte Tiefe verleiht. Zu Tränen rühren
wollte dieser mit einer unter die Haut gehenden Tragik. Mehr als ein zeitweiliges Kratzen an der glatten Oberfläche ist nicht herausgekommen. Besonders spannend ist dies alles nicht, wirklich
ärgerlich aber auch nicht.