von Sandro Danilo Spadini
Den Golden Globe für den besten Film hat es bereits gewonnen; am 24. März dürfte dann allen Herren und Ringen zum Trotz der Oscar folgen: Gleich in acht Kategorien (darunter Bester Film und Beste
Regie) ist Ron Howards Biopic «A Beautiful Mind»
nominiert – die Geschichte des genialen Mathematikers John Nash, der in jungen Jahren eine noch heute gültige Theorie hinsichtlich der mathematischen Prinzipien des Wettbewerbs entwickelte,
später an Schizophrenie erkrankte, diese aber überwand und 1994 schliesslich mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.
Leichtfertig vertan
Eine Story also ganz nach dem Geschmack der Academy-Mitglieder. Dass Howard («Apollo 13») einige unangenehme Tatsachen aus dem Leben des richtigen John Nash mit einer dicken Schicht
Hollywood-Zuckerguss zugekleistert hat, dürfte die Juroren kaum stören. Muss es auch nicht. Die Beschönigungen seien Howard verziehen, lautet doch der primäre Auftrag des Kinos nicht historische
Genauigkeit, sondern Unterhaltung. Zudem wird der Film recht defensiv mit «basierend auf Ereignissen» im Leben von John Nash vermarktet – eine allumfassende Biografie wurde also gar nicht
angestrebt. Viel schlimmer als die historische Ungenauigkeit wiegt der Umstand, dass Howard seinen an sich sehr reizvollen Stoff – gerade bei der Schilderung der Krankheit – zugunsten einer
massentauglichen, teils prätentiösen, teils schwülstigen Inszenierung allzu leichtfertig hergegeben, ja geradezu verschenkt hat. Mit Ausnahme einer – zugegebenermassen aber ziemlich brillanten –
dramaturgischen Wendung, die auf ausdrücklichen Wunsch hin hier nicht verraten wird, fällt Howard kaum mehr etwas Erwähnenswertes ein.
Neuerlicher Triumph?
Hätte «A Beutiful Mind» einen anderen Hauptdarsteller als Russell Crowe, wäre eine Bauchlandung durchaus möglich gewesen. Doch der gebürtige Neuseeländer trägt diesen Film in der Manier eines
Ausnahmedarstellers, verfügt über eine sagenhafte Präsenz und zeigt eine beeindruckende Palette seines bestimmt nicht zu knappen Repertoires. Auch Crowe ist für den Oscar nominiert, zum dritten
Mal in Folge sogar. Nachdem er für «The Insider» noch leer ausgegangen war, durfte er im vergangen Jahr für «Gladiator» den begehrten Goldjungen mit nach Hause nehmen. Ein erneuter Triumph ist
mehr als wahrscheinlich. Crowe wäre dann nach Spencer Tracy und Tom Hanks der dritte Schauspieler, dem die Ehre, in zwei aufeinander folgenden Jahren ausgezeichnet zu werden, zuteil werden würde
– eine Ehre, die ihm absolut gebührt. Assistiert wird Crowe von der in der Kategorie Beste Nebendarstellerin nominierten Jennifer Connelly, deren jüngste Glanzauftritte in Ed Harris‘ «Pollock»
und vor allem in Darren Arononfskys grandiosem «Requiem for a Dream» dem Schweizer Kinopublikum leider vorenthalten wurden. Als Nashs Ehefrau liefert sie eine reife Leistung ab, steht jedoch
eindeutig im Schatten ihres männlichen Widerparts. «A Beautiful Mind» ist die Show des Russell Crowe – ein grosser Könner seines Fachs, der nicht durch ausladende Gestik und Mimik überzeugt,
sondern viel mehr ein Mann der subtilen Zwischentöne ist. Letztere Eigenschaft hätte man sich auch bei seinem Regisseur gewünscht, doch erweist sich dieser leider einmal mehr als Mann fürs Grobe.