von Sandro Danilo Spadini
David Aames (Tom Cruise) ist jung, dynamisch und sehr erfolgreich. Ein Bilderbuch-Yuppie. Mit der attraktiven Blondine Julie (Cameron Diaz) pflegt er eine lockere, sogenannt moderne Beziehung.
Echte Liebe ist das nicht. Die erfährt er erst, als er die naive Tänzerin Sofia (Penélope Cruz) kennenlernt. Doch bereits nach der ersten gemeinsamen Nacht wird David bei einem Autounfall, von
der eifersüchtigen Julie in selbstmörderischer Absicht herbeigeführt, schwer verletzt. Er fällt in ein wochenlanges Koma, sein Gesicht ist völlig entstellt. Als er wieder zu sich kommt, ist
nichts mehr, wie es war; die Gesetze der Logik scheinen ausser Kraft gesetzt zu sein: Sein Gesicht ist urplötzlich wieder gänzlich hergestellt (oder doch nicht?), Sofia ist wieder da (oder ist es
Julie?), und am Ende wird David des Mordes verdächtigt (aber an wem?) und landet im Gefängnis (wirklich?). Alles ist verschwommen, und es ist die Aufgabe von Psychiater McCabe (Kurt Russell)
herauszufinden, was Traum und was Wirklichkeit ist.
Stimmig und packend
«Vanilla Sky» ist das Remake des spanischen
Psychothrillers «Abre Los Ojos» aus dem Jahre 1997 von Alejandro Amenábar, dessen US-Überraschungshit «The Others» (mit Cruises Ex-Frau Nicole Kidman) derzeit auch in den Schweizer Kinos läuft.
Produziert wurde der Film von Tom Cruise höchstpersönlich, Regie führte Cameron Crowe («Almost Famous»). Über Sinn und Unsinn solcher amerikanischer Neuaufgüsse europäischer Kinoerfolge lässt
sich bestimmt streiten, gänzlich unstrittig ist jedoch, dass «Vanilla Sky» einen ungeheuren Sog erzeugt. Crowes Inszenierung ist stimmig und überzeugt durch gutes Timing, die Bilder wissen
ebenfalls zu gefallen. Das packende, vom Zuschauer einiges abverlangende Drehbuch wandelt mit seinen Traumelementen voller vertauschter Identitäten auf den Spuren der David-Lynch-Filme «Lost
Highway» und «Mulholland Drive», ist von deren Genialität dann aber doch ein gutes Stück entfernt.
Zahlreiche Minuspunkte
So viel zum Positiven.«Vanilla Sky» hält aber auch einige Wermutstropfen bereit, die gar so zahlreich sind, dass sie glatt ein Tequilla-Glas füllen könnten. Da sind erstens die von Musik-Fan
Crowe in Form und Menge häufig unangemessen eingesetzten Pop-Songs, die stören. Ferner sind die Dialoge doch recht dürftig geraten, und die ewige Flirterei und Kalauerei von Cruise und Cruz sind
mit der Zeit reichlich nervtötend. Und überhaupt: Was hat diese schreckliche Penélope Cruz mit ihrem lächerlichen Schulmädchen-Charme eigentlich in jeder zweiten Hollywood-Grossproduktion zu
suchen? Zu guter Letzt wäre da noch die grauenhafte deutsche Synchron-Fassung, die so schlecht ist, dass sie einen Preis verdient hat. Eine ganze Menge Wermutstropfen also. Trotzdem: All dies
hinterlässt zwar einen bitteren Beigeschmack, zerstören kann es den Film aber nicht. Mit «Vanilla Sky» hat Cameron Crowe nach «Almost Famous» seinen bislang gelungensten Film gedreht – kein
Meisterwerk zwar, aber doch einen äusserst interessanter Film.