von Sandro Danilo Spadini
Vor allem Ungutes ist aus der inzwischen längst gelösten Liaison zwischen Ben Affleck und Jennifer Lopez erwachsen: Klatsch, Tratsch, Karriereknicks und Imageschäden hüben wie drüben – und
natürlich «Gigli», einer der zweifellos schlechtesten Filme aller Zeiten, der dem hiesigen Kinopublikum wohl aus Anstand und Respekt vor der Menschenwürde nicht zugemutet wurde. Selbiges
Schicksal schien hierzulande auch dem anderen auf Film gebannten Vermächtnis von «Bennifer» zu drohen. Nun jedoch, da sich die Boulevard-Wogen geglättet haben und die Giftpfeile im jeweiligen
Köcher versorgt sind, ist die Zeit reif für «Jersey
Girl» – vielleicht auch deshalb, weil der gemeinsame Leinwandauftritt des einstigen Traumpaars nach exakt zwölf Minuten beendet ist. Dann nämlich scheidet J.Lo bereits aus dem Film und ihre
Figur aus dem Leben, nach Komplikationen bei der Geburt ihrer Tochter. Diese ist fortan das weibliche Element im Leben des von Affleck verkörperten Publizisten Ollie, der freilich erst seinen
geliebten Job in New York verlieren muss, um sich in der Rolle des allein erziehenden Vaters zurechtzufinden. Sich in New Jersey als Strassenreiniger verdingend und noch immer vom alten
Glamour-Leben träumend, strebt Ollie indes ein Comeback im Big Apple an, was ihm auch sein neues «love interest», die Videoladen-Angestellte Maya (Liv Tyler), nicht ausreden kann. Doch da ist ja
noch das mittlerweile 7-jährige Töchterchen, und dem gefällt es in New Jersey ausgesprochen gut.
Blasse zweite Hälfte
Auf den ersten Blick ist die Story von «Jersey Girl» überaus konventionell – und auf den zweiten Blick ist sie es noch immer. Dass dies eine herkömmliche, von einigen verbalen Scharmützeln
abgesehen, ziemlich familienfreundliche Vater-Tochter-Komödie ist, will man zunächst aber gar nicht wahrhaben. Denn schliesslich sass hier mit Kevin Smith jener unreife Mann auf dem Regiestuhl,
der uns mit so herrlich unangepassten Kultfilmen wie «Clerks» oder «Dogma» beschenkt hat. Zu erwarten wäre da eigentlich eine zünftige Gaudi, in welcher der jeweils von Smith selbst gespielte
Silent Bob und sein grenzdebiler Freund Jay ihr Unwesen treiben, wie dies in allen fünf vorangegangenen Smith-Filme der Fall gewesen ist. Doch die beiden Blödelbarden bleiben nach ihrem letzten
Abenteuer vor drei Jahren («Jay and Silent Bob Strike Back») vorerst verschollen. Platz gemacht haben sie für Ollie und seine zwar putzige, aber – muss man es noch erwähnen? – natürlich furchtbar
altkluge Tochter, die mit dem Charme einer Filmdiva und der Weisheit eines 80-jährigen Philosophie-Nobelpreisträgers gesegnet ist. Solcherlei ist in US-Familienkomödien aber halt ebenso üblich
wie ein zügelloses Abdriften in Kitsch und Sentimentalitäten. Letzteren Verbrechens macht sich «Jersey Girl» insbesondere in der blassen zweiten Hälfte schuldig, in welcher der anarchische
Smith-Humor kaum mehr aufblitzt.
Starker Affleck
Wenigstens wurde Smith von seinem langjährigen Kumpel und Weggefährten Ben Affleck nicht im Stich gelassen. Mitunter in bester Hugh-Grant-Manier albert sich der ins Straucheln geratene
Ex-Beinahe-Superstar, der zuletzt nur noch Mieses («Paycheck»), sehr Mieses («Daredevil») und ganz Mieses («Surviving Christmas») heruntergekurbelt hat, durchs Geschehen und überzeugt auch in den
ernsten Szenen. Für Schmunzeln sorgen zudem Gastauftritte von Matt Damon und Will Smith. Kopfschütteln löst hingegen ein Satz von Liv Tylers Figur gegen Ende des Films aus: «Das ist das
Romantischste, was ich je gesehen habe», sagt sie mit Bezug auf eine Szene, die irgendetwas mit einer dieser Schulaufführungen zu tun hat, die Kinder in Hollywood-Filmen grundsätzlich zu
absolvieren haben. Man ist hier geneigt, ihr zuzurufen: «Aber Mädchen, du arbeitest ja in einem Videoladen. Such dir doch einfach eine x-beliebige Familienkomödie raus, und du wirst eine
praktisch identische Szene darin finden!» Wenn Kevin Smith dies alles wirklich ernst genommen hat – was immerhin fraglich ist –, hat sich jedenfalls Schreckliches zugetragen: Der Mann ist
erwachsen geworden. Oder er hat sich dem Mainstream verkauft. Eine gruselige Vorstellung ist das – fast so gruselig wie die Vorstellung eines «Bennifer»-Comebacks. Denn auch nach «Jersey Girl»
gilt: Vor allem Ungutes ist aus der Liaison zwischen Ben Affleck und Jennifer Lopez erwachsen.