von Sandro Danilo Spadini
An Sequels, die so überflüssig sind wie der sprichwörtliche Kropf, hat man sich inzwischen ja gewöhnt. Daran, dass diese «Nachfolgefilme» in der Regel zwar mit ungleich lauterem Getöse, aber nur
selten in qualitativ zumindest gleichwertiger Grösse daherkommen, eigentlich auch. Was in letzter Zeit aber vermehrt geschieht, wirkt auch auf den abgehärteten Beobachter bisweilen befremdend.
Immer öfter werden nämlich von übermütigen Jungregisseuren inszenierte und mit namenlosen Knallchargen besetzte Sequels von Filmen produziert, die nicht den geringsten Ansatzpunkt für eine
Fortsetzung geliefert haben. Mit dem Original hat dieser mehrheitlich auf dem Video- und DVD-Markt ausgewertete Schund meist nur den Titel gemein, mit dem sich ganz offensichtlich ungeachtet
aller Stümpereien noch der eine oder andere schamlose Batzen verdienen lässt. Nicht ganz in diese Kategorie fällt zwar nun «Les Rivières pourpres 2», doch wenn es nach der baren Qualität ginge, müsste dieser Streifen eigentlich in den
dunkelsten Ecken einer Videothek sein Dasein in solch wenig illustrer Gesellschaft von Filmen wie «Wild Things 2» oder «American Psycho 2» fristen.
Absurd und abstrus
Eine vergleichsweise enge Verwandtschaft zum ersten Streich ist bei «Les Rivières pourpres 2 – Les Anges de l’Apocalypse» (so der volle Titel) gewiss nicht zu leugnen, wenngleich von allem ein
wenig mehr da ist: Die Stimmung ist noch düsterer, die Handlung ist noch wirrer, und die Logiklöcher sind noch grösser. Mit an Bord auf der wilden Flussfahrt ist auch wieder der unvermeidliche
Jean Reno, von dem man sich in letzter Zeit ja so einiges gewohnt ist. Keine Lust auf die Apokalypse in Purpur hatte hingegen Mathieu Kassovitz, Regisseur des ersten Teils, der stattdessen lieber
den nicht minder sinnfreien, aber nicht gar so dick auftragenden Hollywood-Humbug «Gothika» gedreht hat. Ihn ersetzte Olivier Dahan, dessen technisches Tun zwar nicht über alle Zweifel erhaben
ist, dem mit einer Tempoverschärfung aber immerhin ein intelligenter Schachzug gelungen ist – zumal so nur wenig Zeit bleibt, um sich gross über das von der einstigen Regie-Ikone Luc Besson
(«Léon») in völliger Abwesenheit aller guten Geister verfasste Drehbuch aufzuregen. Schauplatz des absurden, abstrusen, absonderlichen Abenteuers ist ein Kloster in Lothringen, wo ein frommer
Neuankömmling beim Anbringen eines Kruzifixes doch tatsächlich die Mauer zum Bluten bringt. Glauben die Klosterbrüder an ein göttliches Zeichen, so neigt Commissaire Niemans (Reno) eher zum
Pragmatischen. Fix und ohne zu fackeln, stellt er fest, dass irgendein Schelm da eine menschliche Leiche eingemauert hat. Warum die Polizei überhaupt erst hinzugezogen wird, bleibt freilich eines
der vielen Geheimnisse von Monsieur Besson, denn die bösen Buben in dieser Geschichte sind die Herren in Mönchskutte höchstselbst. Diese haben es aus schwer nachzuvollziehenden und zu
vernachlässigenden Gründen – es hat irgendetwas mit der Apokalypse zu tun, so viel ist sicher – nämlich auf die Mitglieder einer Sekte abgesehen, die sich um einen etwas entrückten Typen geschart
haben, den sie für Jesus halten. Von den Pseudojesus-Anhängern ist schon bald keiner mehr übrig, doch dafür taucht ein gewisser Herr Heimmerich von Garten (wer denkt sich nur solche Namen aus?)
im Kloster auf, der der Bösen Bösester zu sein scheint.
Grotesk und trashig
Was auch immer in «Les Rivières pourpres 2» genau geschehen mag, eine Geschichte im engeren Sinne wird hier nicht erzählt. Natürlich sollte man den am besten in einer Stimmung von fatalistischem
Gleichmut zu konsumierenden Unfug nicht allzu ernst, doch das Problem ist, dass der mit teils höchst fragwürdigen Gestalten besetzte Film eben gerade dies zu tun scheint. Unter dem Strich ist das
Ganze noch grotesker und trashiger als der Vorgänger, wobei es wiederum an Ironie mangelt, um jeweils herzhaft drauflos lachen zu können. Die zweifelhafte Ehre als schlechtester Okkult-Thriller
der letzten Jahre wird «Les Rivières pourpres 2» jedoch nicht zu Teil; die hat sich jüngst Brian Helgeland mit dem wohl ununterbietbaren Mummenschanz-Mumpitz «The Order» redlich verdient. Aber
diesem ist wenigstens das Licht der hiesigen Kinosäle verwehrt geblieben.