von Sandro Danilo Spadini
Im Rufe, ein Arbeitstier zu sein, steht dieser Patrick Süskind ja nun wahrlich nicht. Ziemlich bescheiden nimmt sich der Umfang seines literarischen Outputs seit dem Erscheinen des
Weltbestsellers «Das Parfüm» im Jahre 1985 aus. Gelegentlich taucht sein unvermindert klangvoller Name indes in der Welt der bewegten Bilder auf – und mit von der Partie ist dann jeweils sein
Spezi Helmut Dietl. Gemeinsam mit dem Münchner Regisseur feierte Süskind bereits vor seinem internationalen Durchbruch erste Achtungserfolge dank seiner Skripts zur charmanten TV-Serie «Monaco
Franze» mit dem unvergesslichen Helmut Fischer als «ewigem Stenz». 1986 folgte mit «Kir Royal» der nächste grosse Fernsehwurf des bajuwarischen Erfolgsgespanns, der mit dazu beitrug, dass runde
zehn Jahre später die Erwartungshaltung in den Himmel schoss, als die erste Kino-Koproduktion der beiden anlief. Die mörderische Komödie «Rossini» hielt dann aber nicht ganz, was man sich von ihr
versprochen hatte, und Dietl, der 1992 mit «Schtonk!» ein phänomenales Kinodebüt gefeiert hatte, drehte anschliessend ohne Süskind mit der zahnlosen Satire «Late Show» einen Film zum Vergessen.
Nun aber haben Dietl und Süskind wieder die Köpfe zusammengesteckt und «Vom Suchen und Finden der Liebe» ausgeheckt – eine Liebeskomödie, die über eine reizvolle Grundidee und ein komödienerprobtes
Starensemble verfügt.
Mimi und Venus
Die Protagonisten des neusten Dietl-/Süskind-Streichs hören auf die putzigen Namen Mimi Nachtigall und Venus Morgenstern. Gespielt werden sie von Moritz Bleibtreu und der feschen Alexandra Maria
Lara, die beide ihr ganzes Können in die Wagschale werfen und prächtig miteinander harmonieren. Letzteres lässt sich über Mimi und Venus freilich nur bedingt sagen. Gewiss: Die beiden lieben sich
sehr, und auch beruflich – er Schnulzenschreiber, sie Sängerin – ist ihre Liaison äusserst fruchtbar; die Funken zwischen den beiden sprühen jedoch zunehmend an den falschen Stellen, und die
Fetzen fliegen denn auch gar oft. Im verflixten siebten Jahr ist es dann so weit: Man trennt sich, und noch unfrohere Zeiten brechen an. Derweil sie notdürftigen Trost in den Armen des tumben
Musikmanagers Harry (Justus von Dohnányi) sucht, gibt er sich Suff und Selbstmitleid hin. Auch die Vermittlungsversuche eines befreundeten Paars (Uwe Ochsenknecht und Anke Engelke), das im nicht
übertrieben sinnvoll ins Ganze eingefügten Subplot des Films selbst miteinander rumscharmützelt, zeitigen keinen Erfolg. Und gleichwohl ist irgendwann klar: Die Bande zwischen Mimi und Venus sind
vielleicht nicht mehr zart, aber stark – stärker gar noch als der Tod.
Erst top, dann Flop
Eine gute Stunde lang macht dieser ironisch gebrochene Riesenkitsch, dieser komödiantisch mit der Orpheus-Sage spielende Schmachtfetzen mächtig Spass. Dann aber kommt die Story an einem hier
nicht weiter zu erörternden Wendepunkt an, und dem von Dietl und Süskind gemeinsam verfassten Skript geht zusehends die Luft aus, bis die ganze Chose schliesslich noch richtig ärgerlich wird. Mit
den neu gemischten Karten weiss gerade Dietl ganz offensichtlich nichts Gescheites anzufangen. Was sich als intellektuell angehauchtes Schmankerl präsentieren will, kommt mehr und mehr als
onkelhaft kalauernder Schwank mit hohem und schnell den Reiz verlierendem Trash-Faktor daher. Aus gewitzt wird geschwätzig und aus einer köstlichen Komödie letztlich Kokolores, kommt doch Dietl
und Süskind die Pointensicherheit bald einmal abhanden, sodass das humoristische Gebaren auf altbackene Art albern wird und allmählich anfängt, unter den Achseln zu riechen. Als problematisch
erweist sich zudem, dass Regie und Drehbuch ihre Figuren nicht ernst nehmen, was nur so lange nicht allzu negativ ins Gewicht fällt, wie das Paar Bleibtreu/Lara auf der Leinwand vereint ist. Für
die schwache zweite Hälfte zu entschädigen vermögen denn auch nicht einmal ein Überraschungsgast und der Umstand, dass es wie üblich bei Dietl ordentlich was zu gucken gibt, wenn die Kamera ihr
lüsternes Auge wiederholt auf die nackigen Rundungen von Lara und Engelke legt. Fast so spannend wie diese Einblicke und weit spannender als «Vom Suchen und Finden der Liebe» ist wiederum ein
Blick auf die Entwicklung der sich seit Jahren im Planungsstadium befindenden «Parfüm»-Adaption. Neuster Stand der Dinge: Dustin Hoffman darf mitmachen, ein gewisser Ben Whishaw wird die
Hauptrolle übernehmen, und mit Tom Tykwer («Lola rennt») soll ein Deutscher auf dem Regiestuhl Platz nehmen. Bleibt nur zu hoffen, dass Süskind für letzteren Job nicht noch den Dietl Helmut
durchdrückt.