Gute Nacht, Herr Shyamalan!

Ex-Regiewunderkind M. Night Shyamalan («The Sixth Sense») malträtiert weiter die Cineastenseele – dieses Mal mit dem völlig falsch konzipierten Märchen «Lady in the Water».

 

von Sandro Danilo Spadini

Angefangen hat alles mit den glänzenden Äuglein der Töchter von M. Night Shyamalan, die ihrem Gutenachtgeschichten improvisierenden Papa an den Lippen klebten. Und enden wird es mit so manchem ungläubigem Augenreiben jener langmütigen Filmfreunde, die dem Regisseur von «The Sixth Sense» trotz dreier Flops in Folge doch noch einmal eine Chance geben wollten. Dazwischen liegen einige mit Kopfzerbrechen zugebrachte Schreiberlingsnächte, das Kopfschütteln eines wachen Disney-Verantwortlichen, das Projekt-Abnicken eines tendenziell umnachteten Warner-Bros-Produzenten, das kopflose Verschleudern der Albtraumhaften Summe von 75 Millionen Dollar und hirntechnisch zappendustere 110 Minuten Film. Ja, ja, «Lady in the Water» ist eingedenk seiner Entstehungsgeschichte nicht nur der etwas andere, sondern angesichts seiner Fehlkonzeption auch der etwas schlechtere Film.

Prätentiös und überladen

Es gibt zu Shyamalans fünfter Grossproduktion allerdings auch gute Nachrichten zu vermelden, und zwar drei an der Zahl: Das musikalische Grundthema von Hauskomponist James Newton Howard ist wiederum hübsch geraten; der Gag mit einem griesgrämigen Filmkritiker ist geglückt; und Paul Giamatti spielt mit. Der Star aus «Sideways» gibt hier den stotternden Hausmeister Cleveland Heep, die gute Seele eines Appartementkomplexes, dessen multikulturelle Bewohnerschaft beim Inventar des Tassenschranks auf das eine oder andere fehlende Stück stossen dürfte. Clevelands dröges Dasein wird gehörig aufgemischt, als er eines Nachts im Swimmingpool die mysteriöse Story (eine blasse Bryce Dallas Howard) entdeckt. Dass es sich bei dieser nicht bloss um ein rehhaft scheues Mädel handelt, ist schnell klar. Vielmehr haben wir es hier mit so etwas Ähnlichem wie einer Nymphe zu tun; und da wir es bei diesem Film mit so etwas Ähnlichem wie einem Märchen zu tun haben, reagiert Cleveland auch nicht mit einem herzhaften «Potz Blitz!», sondern mit Neugier und Hilfsbereitschaft. Unterstützt wird er dabei von seinen bald eingeweihten Nachbarn, unter denen sich auch ein visionärer Autor tummelt, dessen Ideen laut Story dereinst die Welt revolutionieren werden – und der ganz ohne Selbstironie von Shyamalan persönlich gespielt wird! Wie Storys Hintergründe nun mühsam nach und nach enthüllt werden, entlarvt den sich gerne als grossen Geschichtenerzählter sehenden Shyamalan dann freilich als grossspurigen Trickbetrüger und egozentrischen Wichtigtuer mit einem nervtötenden Hang zum Prätentiösen und symbolisch Überladenen. Ohne ersichtlichen Grund wird hier gezögert und gezaudert, angedeutet und angespielt, werden Zeichen und Zeitgeistiges bemüht, Hürden und Hindernisse eingebaut, die einzig der künstlichen Streckung eines letztlich eben doch nur für die Länge einer Gutenachtgeschichte taugenden Plots dienen.

Falsches Register

Wenn Shyamalan unbedingt etwas kindgerecht Fantastisches erzählen will, dann soll er das und dann soll man in puncto Sinnhaftigkeit natürlich auch nicht einen gar so strengen Massstab ansetzen. Was dem sich zusehends vom Westentaschen-Hitchcock zur wohlfeilen Spielberg-Kopie wandelnden Ex-Wunderkind dann aber nicht passieren darf, ist das Ziehen des völlig falschen filmischen Registers. Die gewohnt geschmeidige Inszenierung – bald still, streckenweise statisch, bald pompös, bisweilen bombastisch – ist nämlich diejenige eines Mystery-Thrillers für Erwachsene, wodurch eine höchst befremdliche und bezüglich Zielpublikum gänzlich unsachdienliche Inkongruenz zwischen Erzähltem und Gezeigtem entsteht. Entsprechend ist man versucht, wenn nicht gezwungen, gleichwohl die üblichen Bewertungskriterien anzuwenden und zu schliessen, dass sich diese bleischwer bemühte Belanglosigkeit mit ihrem pseudophilosophisch schmachtenden Unterton teils gefährlich nahe an der Grenze zur Debilität bewegt und zudem einfach wahnsinnig langweilig ist. Zwar nicht ganz so langweilig wie der Vorgänger «The Village» – aber fast. Zum Einschlafen halt. Na, dann gute Nacht, Herr Shyamalan!