von Sandro Danilo Spadini
Mit Kindern, die in die Fussstapfen ihrer berühmten Eltern treten wollen, ist das ja so eine Sache. Ob Sport, Showbiz oder Politik: Lang ist die Liste jener ihren Promi-Erzeugern nacheifernden
Sprösslinge, aus denen nichts Gescheites geworden ist – man denke nur an Stefan Beckenbauer, Julian Lennon oder George W. Bush. In der Welt des Films schaut es da freilich schon etwas anders aus
– wenigstens teilweise: So hat es aus der schauspielenden Zunft eine stattliche Zahl von Junioren in den Rang von Frau Mama oder Herrn Papa geschafft (Michael Douglas, Angelina Jolie, die
Fondas), derweil sich die Bilanz der Regie führenden Töchter und Söhne dann wieder doch eher durchzogen liest (Jennifer Lynch, Jake Kasdan, Nick Cassavetes). Die einzig nennenswerte Ausnahme in
letzterer Hinsicht bildete bislang Sofia Coppola. Bislang. Denn nun erscheint der 28-jährige Jason Reitman, Sohn von «Ghostbusters»-Regisseur Ivan Reitman, auf der Bildfläche, und seinem
fulminanten Erstling nach zu urteilen, haben wir es hier mit einem wahren Wunderkind zu tun.
Vorsicht vor diesem Film
«Thank You for Smoking» heisst Reitmans
pechschwarzhumoriges Debüt, das dem Youngster sogleich eine saftige Sammelklage bescheren könnte. Grobfahrlässigerweise fehlt zu Beginn des lustfördernden Vorspanns nämlich der Hinweis auf die
Risiken und Nebenwirkungen, die vom Folgenden ausgehen: «Dieser Film fügt Ihrem Zwerchfell erheblichen Schaden zu», müsste es hier zwingend heissen. Ein Verteilschlüssel für allfällige
Schadenersatzzahlungen wird allerdings schwerlich zu finden sein, waren hier doch einfach zu viele Hallodris am (Meister-)Werk. Als Hauptverantwortlicher wäre zwar sicher besagter Jason Reitman
zu belangen, der nicht nur für die schmissige und mit manchem Gustostückerl garnierte Inszenierung, sondern auch für das hintersinnige und mit messerscharfen Dialogen glänzende Skript
geradezustehen hat. Kaum weniger schuldig ist indes die bis in die letzte Sprechrolle vortrefflich besetzte Darstellerschaft, als deren Rädelsführer ein sagenhaft spielfreudiger Aaron Eckhart
auszumachen ist.
Zyniker und Hysteriker
Dieser verkörpert in der Adaption des Bestsellers von Christopher Buckley den rhetorisch versierten Tabakindustrie-Lobbyisten Nick Naylor – einen scheinbar aalglatten Yuppie, der im Kampf gegen
den unbeholfen gegen seinen Arbeitgeber ins Feld ziehenden Provinz-Senator Finisterre (William H. Macy) immer wieder den Beweis für die Schlüssigkeit seines Credos antritt: «Wer richtig
argumentiert, hat nie Unrecht.» Im Zwiegespräch mit seinem Sohn (Cameron Bright) fällt derweil jenes Bonmot, das diesen selbst ernannten «Händler des Todes» noch plastischer charakterisiert: «Es
braucht moralische Flexibilität, um das zu tun, was ich tue.» Heimisch fühlt sich der smarte Nick mit dieser unromantischen Einschätzung folglich nicht nur im launigen Kreis seiner beiden Freunde
aus der Waffen- bzw. Alkoholindustrie (David Koechner, Maria Bello); auf ähnlich Gesinnte (u.a. Rob Lowe als Agent) stösst er auch in Hollywood, wohin ihn sein Boss (Robert Duvall) entsendet, um
ein Filmprojekt mit rauchenden Superstars auf die Beine zu stellen. Oder aber bei der karriere- und sexhungrigen Journalistin Heather Holloway (Katie Holmes), die an einem perfiden Porträt über
ihn arbeitet. Und schliesslich beim krebskranken Ex-Marlboro-Mann (Sam Elliott), bei dem er zwecks Vermeidung negativer Publicity mit einem Koffer voller (Schweige-)Geld aufkreuzt. Moralisch
flexibel bis verkümmert sind hier jedenfalls alle, die Zyniker auf der einen wie die Hysteriker auf der andere Seite, denen Reitman etwa zu gleichen Teilen das geschliffene Wort gibt. Zwar ist
«Thank You for Smoking» anders als Michael Manns Tabakindustrie-Thriller «The Insider» ein reiner Unterhaltungsfilm; einer jedoch, der als i-Tüpfelchen auf spielerische und nie moralinsaure Art
dann und wann auch harte Fakten zum komplexen Thema einfliessen lässt und den auch Papa Ivan Reitman nicht besser hingekriegt hätte.