von Sandro Danilo Spadini
Die Entstehungsgeschichte von «The Producers»,
dem letztjährigen Quoten-Musical aus Hollywood, ist höchst verworren. Doch versuchen wir es einmal: Also am Anfang stand natürlich der mit dem Drehbuch-Oscar ausgezeichnete Film von 1968,
geschrieben und inszeniert von Multitalent Mel Brooks, mit dem unvergesslichen Zero Mostel als Musical-Produzent Max Bialystock und dem längst in den Frühruhestand getretenen Spassvogel Gene
Wilder als Buchhalter Leo Bloom in den Hauptrollen. Vor rund fünf Jahren sorgte dann die wiederum von Brooks zu Papier gebrachte, aber von Susan Stroman inszenierte und choreografierte
Musical-Version am Broadway für Furore und mit dem Gewinn von zwölf Tony-Awards für einen neuen Rekord. In den Hauptrollen damals: Broadway-Ikone Nathan Lane als Max und Hollywood-Star Matthew
Broderick als Leo. Und nun kommt die in ihrer Verrücktheit und Bonbon-Buntheit fast die Leinwand sprengende neue Filmfassung von «The Producers», welche das Kinodebüt der fünffachen
Tony-Preisträgerin Susan Stroman darstellt und abermals von Brooks (in Zusammenarbeit mit Thomas Meehan) geschrieben wurde. Lane und Broderick kehren dabei in ihre preisgekrönten Paraderollen
zurück, und neu mit an Bord sind unter anderen Will Ferrell und Uma Thurman. Alles klar?
Verrückter Plan
Die Mutationen, die «The Producers» bei seiner Tournee von Hollywood zum Broadway und wieder zurück erfahren hat, sind vergleichsweise gering: Hier wurden ein paar neue Musikstücke eingefügt,
dort einige Dialogzeilen abgeändert. Das Gerüst und auch der Geist des Originals jedoch sind intakt geblieben. Figurenzeichnung und Humor wirken dadurch bisweilen zwar etwas angestaubt und
polierbedürftig, die respektlose Ironie und die mit Frivolitäten und Absurditäten nur so gespickte Handlung vermögen aber auch dieser Tage noch schallendes Gelächter zu provozieren. Richtig
ausgelassene Stimmung kommt indes erst auf, wenn der skrupellose, völlig heruntergekommene Ex-Broadway-König Max und der fadisierte, von der Glitzerwelt des Showbusiness träumende Leo ihren
verrückt-verwegenen Plan auch endlich in die Tat umsetzen. Dieser sieht vor, dass Max den Sparstützstrumpf seiner betagten Gönnerinnen noch erschöpfender als sonst plündert und mit einem
Bruchteil des dergestalt erschlichenen Geldes einen Flop sondergleichen produziert, von dem sich die Investorinnen ganz bestimmt keine Gewinnbeteiligung erhoffen dürfen. Damit der saftige
Differenzbetrag dann aber auch todsicher in die Taschen von Max und Leo fliesst, müssen zuerst das schlechteste Drehbuch, der schlechteste Regisseur und die schlechtesten Schauspieler auf Erden
gefunden werden. Und jetzt wirds erst wirklich turbulent, denn jetzt erhalten die traumwandlerisch sicher, aber nicht übertrieben aufregend ganz auf der Linie von Mostel und Wilder agierenden
Hauptdarsteller illustre Gesellschaft: etwa vom durchgeknallten und nicht ungefährlichen Drehbuch-Azubi Franz (zu Recht Golden-Globe-nominiert: Will Ferrell), einem nostalgischen Altnazi und
Taubenliebhaber, der Max und Leo mit einem politisch sagenhaft inkorrekten Skript namens «Springtime for Hitler» versorgt. Oder vom tuntigen Regisseur Roger DeBris (Gary Beach), seinem noch
tuntigeren Assistenten Carmen Ghia (zum Schreien komisch: Roger Bart) und deren überlebenstuntiger Crew. Und natürlich von der sehr schwedischen Sekretärin und Amateur-Mimin Ulla (süss, sexy und
vergnügt: Uma Thurman), die dem verklemmten Leo gehörig den Kopf verdrehen wird.
Reichlich Augenfutter
Scheinen Stroman und Brooks anfangs, in den Szenen mit Leo und Max, noch dem Irrglauben zu unterliegen, dass der, der am lautesten schreit, auch die lautesten Lacher erntet, erblüht mit der
allmählichen Komplettierung des Ensembles endlich auch der filigrane Wortwitz. Doch nicht nur das Zwerchfell wird nun wohl genährt; mittels der teils famosen, teils faden, immer jedoch etwas zu
lang geratenen Musical-Einlagen und der – bravo! – lüsternen Fokussierung auf Uma Thurmans endlos lange Beine gibts auch reichlich Augenfutter – so reichlich gar, dass mitunter die Gefahr einer
gewissen Reizüberflutung besteht. Eine Übung in Zurückhaltung ist «The Producers» jedenfalls gewiss nicht. Doch so überproportioniert und hemmungslos verschwenderisch das insgesamt auch sein mag:
Wenn alle Beteiligten so motiviert und mit derart viel Elan und Spass bei der Sache sind, wirkt das ansteckend. An dieser Party will man einfach teilhaben. Lang lebe das Showbusiness!