von Sandro Danilo Spadini
Pete Garrison (Michael Douglas) hat sich als CIA-Agent um sein besterntes und bestreiftes Land verdient gemacht, in 25 Jahren Dienstjahren stets seinen Mann gestanden und 1981 gar die für Ronald
Reagan gedachte Kugel aus der Waffe eines geistig unfitten Jodie-Foster-Fans mit seinem durchtrainierten Körper abgefangen. Gerade Letzteres hat dem wackeren Urgestein einen gewissen
Legendenstatus in der «Firma» eingebracht und seine Integrität, Loyalität und Professionalität ausser Frage gestellt. Bisweilen nimmt Garrison seinen Bodyguard-Job aber etwas zu wörtlich. So
etwa, wenn er der aktuellen First Lady (Kim Basinger) selbst im Bett nicht von der Seite weicht und gerne auch mal über deren unbekleideten Leib wacht. Derlei wirft nun natürlich doch wieder
Fragen auf und bietet auch massig Angriffsfläche; denn wenn das Herz oder der störrische Pillermann sich dem Hirn vorbehaltener Kompetenzen bemächtigen, ist das ja noch nie gut rausgekommen – das
müsste der bumsfidele Michael Douglas aus Filmen wie «Basic Instinct», «Disclosure» oder «Fatal Attraction» eigentlich gelernt haben. So staunt man denn auch nicht, dass sein Pete Garrison wie
ein Ochse dasteht, als namenlose Ex-KGB-Finsterlinge einen Sündenbock für ein hinfort umzusetzendes Komplott zur Ermordung des ahnungslosen Präsidenten (David «Sledge Hammer» Rasche) suchen:
Aufgrund seiner verhängnisvollen Affäre fällt Garrison durch den CIA-internen Lügendetektortest, der den Maulwurf in den eigenen Reihen entlarven soll, und gerät so ins Visier von Sonderermittler
Dave Breckinridge (Kiefer Sutherland) und dessen grünhörniger Assistentin Jill (Eva Longoria). Mit bevorzugter Behandlung braucht er dabei indes nicht zu rechnen, ist ihm sein einstiger Kumpel
Breckinridge doch mittlerweile so gar nicht mehr wohlgesonnen. Da bleibt also nur noch eine gutamerikanische Kinotaktik: sich auf der Flucht auf eigene Faust auf die Suche nach den Bösen
begeben.
Ordentlich spannend
Schnurgerade, staubtrocken und stockkonservativ entwickelt Regisseur Clark Johnson in seinem Spielfilm-Zweitling «The Sentinel» den Plot eines Thrillers, der trotz manchen Déjà-vu-Erlebnisses solide Unterhaltung kredenzt und erst in der
zweiten Spielhälfte wegen der sich häufenden Logiklöcher zusehends auf holpriges Terrain gerät. Die Schrittzahl ist wie der Spannungspegel konstant hoch, die Inszenierung kompetent, die – nach
Clint Eastwoods Leibwächter aus «In the Line of Fire» modellierte – Hauptfigur recht fundiert gezeichnet. Dass dieser Johnson etwas kann, ist unbestritten. Die widerborstige Grobheit, die seine
zahlreichen TV-Arbeiten («The Shield», «The Wire») und mit Abstrichen auch sein süffiges Kinodebüt «S.W.A.T.» auszeichnete, ist hier freilich einer mehr geschmeidigen, geglätteten, geschliffenen
Optik gewichen. Für extravagante Innovationen oder inszenatorische Experimente ist dies nämlich nicht der Ort. Alles in «The Sentinel» ist folglich so, wie es von einer sich rigidem
Kosten-Nutzen-Management verpflichtenden und sich entsprechend jeglicher Inspiration versagenden Produktion erwartet werden muss. Keine Zeit zum Schmusen mit der Muse hatten während des Drehs
offenbar auch die Stars. Nicht Michael Douglas, der routiniert seinen Stiefel runterspielt. Nicht Kiefer Sutherland, der wohl unausgeschlafen vom «24»-Set kommend seine üblichen
Jack-Bauer-Phrasen bellt. Nicht Kim Basinger, die immerhin eine taugliche First Lady abgibt. Und nicht die desperate Hausfrau Eva Longoria, die in ihrer ersten grösseren Kinorolle bloss
schmückendes Beiwerk ist. Bevor das Ganze in ein enttäuschend konventionelles und allzu viele Fragen offen lassendes Finale aus Murks und Ballerei mündet, kann gleichwohl etwas mitgefiebert
werden. Einen Termin bei der Maniküre braucht man sich darob zwar nicht zu machen; doch wenn im Kinosaal die Lichter angehen und die Motive der Verschwörer noch immer im Dunkeln liegen, dürfte
man feststellen, dass wenigstens der Nagel des kleinen linken Fingers ein wenig angekaut ist.