von Sandro Danilo Spadini
John McClane ist nun also als Erster wieder da und macht es den anderen kurz vor ihrer Auferstehung stehenden Achtzigerjahre-Actionhelden wie Rambo und Indiana Jones mit einem herzhaften letzten
Hurra beziehungsweise finalen inbrünstigen «Yippee Ki Yay Mo» vor. Mögen Elan und Dynamik seit der dritten und letzten «Die Hard»-Auflage vor zwölf Jahren auch ein klein bisschen nachgelassen und
sich die Haare vom Quadrat-Dickschädel abgelöst haben: Der in jeder Hinsicht schlagfertige New Yorker Superbulle hat nach wie vor die kernig-kantige Präsenz eines Bulldozers und walzt mit der
Subtilität eines solchen zum Heidenspass aller Freunde wahrhaft rustikal-männlichen Kinovergnügens auch heute noch landauf, landab all die ihm intellektuell gewiss überlegenen Schufte platt, die
seinem Land Böses tun und ihm auf der Nase rumtanzen wollen. Dass er dabei zwecks Schonung der allmählich schwindenden Kräfte mehr und mehr technischer Gerätschaften bedarf und einmal sogar von
einem Mädchen vermöbelt wird, tut seinem mit unvermindert markigen Sprüchen untermauerten Selbstvertrauen natürlich keinen Abbruch. Und auch wenn es sich für seine Kontrahenten nicht so anfühlen
mag: John McClane ist im Gegensatz zu vielen anderen tatsächlich zum Spass da.
Die alte Schule
McClanes Verkörperer, der seit einer gefühlten Ewigkeit einem Hit hinterherhechelnde Bruce Willis, hat sich in den vergangenen anderthalb Jahren regelrecht warmgespielt für seine Rolle aller
Rollen. In nicht weniger als sieben Filmen war der 52-Jährige in diesem Zeitraum zu sehen, wobei man ihn bisweilen – etwa bei seinen Kleinstauftritten in «Alpha Dog» oder «Fast Food Nation» – mit
der Lupe suchen musste. Das Aufbautraining hat sich freilich gelohnt. Willis ist wach und aufgeweckt wie selten und verwandelt «Live Free or Die Hard» (hierzulande etwas knackiger «Die Hard 4.0» betitelt) zur One-Man-Show. Die grossen Stars
auf der Besetzungsliste sucht man indes ohnehin vergeblich. Auf der Seite der technologisch versierten Terroristen stehen mit «Deadwood»-Hauptdarsteller Timothy Olyphant und der von einem
polnisch-irisch-amerikanischen Vater und einer vietnamesischen Mutter abstammenden «Mission: Impossible III»-Komplizin Maggie Q zwei mässig illustre Namen, die aber ebenso frischen Wind ins
Geschehen bringen wie der jungenhaft ausschauende 29-jährige Justin Long in der Rolle von McClanes Anhängsel Matt. Ebendieser Matt ist es, der eine von der TV-Serie «24» her vertraute Kette von
Ereignissen auslöst. In seiner Funktion als Hacker hat er besagten Terroristen unwissend dabei geholfen, den kompletten Datenstrom in den USA lahm zu legen und dergestalt die (Welt-)Wirtschaft an
den Rande des Zusammenbruchs zu bringen. Nach getaner Arbeit soll Matt wie seine anderen Hacker-Kollegen liquidiert werden, doch just in dem Moment klingelt Officer McClane an seiner Haustür. Dem
geht natürlich all dieser Computer-Humbug meilenweit am Allerwertesten vorbei und der von ihm gerettete Schnodder-Jüngling mächtig auf den Keks. Bei McClane, diesem lebenden und fluchenden
Anachronismus im gerippten weissen Unterhemd, werden die Dinge eben noch in blut- und schweisstreibender Hand- und Faustarbeit erledigt: alte Schule halt.
Fette Action und kecke Sprüche
Eindeutig zur neuen Schule ist derweil der von Willis’ 18-jähriger Tochter empfohlene Regisseur dieses 2-Stunden-Spektakels zu rechnen. Len Wiseman hatte zuvor nur gerade die beiden
«Underworld»-Filme inszeniert und damit zwar nicht gerade ein unwiderstehliches Bewerbungsschreiben für einen Cineasten-Verdienstorden abgegeben, sich aber nachdrücklich als Spezialist für hohe
Schauwerte angepriesen. Was er nun in «Die Hard 4.0» veranstaltet, ist denn auch vom Feinsten oder doch vielleicht eher vom Gröbsten. Unter einer allenfalls etwas zu gelackten und so nicht ganz
dem «Geist» der Serie entsprechenden Oberfläche zündet er ein Feuerwerk von dermassen fetten Actionszenen, das einem schlicht die Spucke wegbleibt. Handwerklich auf allerhöchstem Niveau, kommen
diese nicht nur überaus originell, sondern auch ziemlich schalkhaft daher und passen so bestens zum launig-ironischen Grundton des Films, der insbesondere bei dem in der Form des beliebten
Buddy-Movie-Sujets aufgenommen Generationenkonflikt zwischen McClane und Matt permanent durchdringt. Das (berechtigte) Nörgeln über Hollywoods in diesem Sommer nochmals getoppte Sequelsucht mit
Shrek und Spider-Man und den karibischen Piraten und Danny Oceans Buben muss an dieser Stelle also für einmal ausbleiben. Denn angesichts von «Die Hard 4.0» kann Officer McClane so oft
zurückkommen, wie er will.