von Sandro Danilo Spadini
Ist es eigentlich in Ordnung, eine Komödie über die letzten Monate zweier Krebspatienten zu drehen? Schwer zu sagen. Aber falls ja, dann sollte man das jedenfalls anders machen als Regisseur Rob
Reiner in «The Bucket List». Stillos, schamlos,
geschmacklos ist das, was der schon vor Jahren ausser Form geratene Schöpfer von Filmklassikern wie «When Harry Met Sally» oder «Misery» seine Stars Jack Nicholson und Morgan Freeman hier
bisweilen tun lässt. Und selbst wenn dem nicht so wäre, bleibt es einigermassen schleierhaft, wie es zu einem solchen Film hat kommen können. Denn die Idee dazu wie auch die Ausführung wirken
fast so alt wie Reiner (60), Nicholson (70) und Freeman (70) zusammen, wobei freilich nicht nur diese drei keinerlei Anstalten machen, auch nur um ein Jota von der üblichen Routine abzuweichen.
Wenngleich es anders ausschaut, wurde dieser Geriatrie-Klamauk nämlich noch vor dem Streik der Drehbuchautoren runtergespult, und so gibt es also tatsächlich einen Schreiberling, der für all das
geradezustehen hat. Justin Zackham heisst dieser, und eigentlich sollte er es besser wissen. Nicht dass Zackham der Erfahrensten einer wäre, doch war er offenbar selbst schon einmal in einer
Krisensituation, die ihn eine solche «Bucket List» erstellen liess.
Nichts Originelles
Bei dieser Liste handelt es sich um eine Aufstellung von Dingen, die man noch tun möchte, bevor man aus dem Leben scheidet: «before one kicks the bucket». Benannt nach der ganz am Ende
abzugebenden Esshilfe, wird das in der Übersetzung in Ermangelung einer schneidigeren Übersetzung des englischen Idioms dann zur «Löffel-Liste». Dieselbe, erstellt von den beiden Protagonisten
des Films, dient Reiner sozusagen als Skript, was in der Konsequenz also heisst, dass wir es hier grosso modo mit einer Nummernrevue zu tun haben. Wohlgemerkt nicht mit einer sonderlich
originellen, finden sich doch auf der infrage stehenden Löffel-Liste die für einen so altbackenen wie unglaubwürdigen Hollywood-Schwank erwartungsgemässen Dinge: Fallschirm springen,
Motorsportwagen fahren, sich tätowieren lassen. Derweil derlei Aktivitäten dem humoristischen Aspekt dieser ab und an eine Tragikomödie sein wollenden Peinlichkeit auf die Sprünge helfen und das
Zwerchfell reizen sollen, erwarten sich die Filmemacher von anderen gelisteten Punkten eine gewisse menschliche Tiefe und eine temporäre Überfunktion der Tränendrüse: fremden Menschen helfen,
sich mit entfremdeten Familienangehörigen aussöhnen und ganz zum Schluss den Himalaja besteigen. Dass die Rechnung von Reiner und Co. weder in dem einen noch dem anderen Punkt aufgeht, liegt auf
der Hand und an dem zu offensichtlichen, zu falschen und zu ausbeuterischen Kalkül des Ganzen. Oftmals deplatziert wirkt zudem der Humor, der keineswegs ein schwarzer ist, sondern gerade in den
Krankenhausszenen teils dumm und dreist ist und in den unverfänglicheren Sequenzen mehrheitlich jenem ähnelt, der von Mickey-Mouse-Krawatten oder Smiley-Socken ausgeht.
Stars blamieren sich
Als Retter in der Not taugen auch die beiden Stars kaum. Eher noch ist das Gegenteil wahr. Jack Nicholson spielt hier – wie zuletzt in «Something’s Gotta Give» – einen steinreichen Unternehmer,
Morgan Freeman – wie immer – einen weisen und allwissenden Gutmensch. Das ist freilich noch unspannender und unerquicklicher, als es sich anhört, zumal sich die beiden mitunter aus ihrem
Lehnstuhl erheben, um sich vollständig zum Affen zu machen. Ungeachtet einiger wirklich witziger Wortgefechte mit dem seinen Assistenten spielenden «Will & Grace»-Star Sean Hayes ist dies
wohl sogar Nicholsons mieseste Performance aller Zeiten, während Freeman gehörig nervt als einer jener lästigen Senioren, die jeden ungefragt mit ihren Wissens- und Weisheitsschätzen zutexten. Es
ist den beiden Altstars natürlich noch ein langes Leben mit vielen schönen Leinwandrollen zu wünschen, doch müssen sie allmählich vielleicht auch schon mal an das Erstellen einer solchen
Löffel-Liste denken. Was unbedingt draufstehen sollte: nie wieder einen Film wie «The Bucket List» drehen.