von Sandro Danilo Spadini
Es braucht schon einiges an Chuzpe, einen seit fast 70 Jahren allseits geliebten und also sakrosankten Komödienklassiker wie George Cukors «The Women» neu zu verfilmen. Obwohl bei Unterfangen
dieser Art Häme und Prügel eigentlich programmiert sind, hat sich die 60-jährige TV-Autorin Diane English («Murphy Brown») jetzt getraut, ebendies zu tun, und sich erdreistet, dem 1939 vom
Broadway auf die Leinwand transferierten und 1956 wiederum als Kino-Musical neu inszenierten Stoff ein zeitgemässes Gucci-Gewand zu geben. Als (debütierende) Regisseurin, Drehbuchautorin und
Produzentin ist sie dabei ganz schön exponiert – und hat sich somit den Platz am Pranger quasi schon mal reserviert. Verfährt sie wie ein Fussballtrainer mit Stil und stellt sich schützend vor
ihr Team, wird sie selbigen nun auch einnehmen. Denn ihr Remake von «The Women» ist tatsächlich das erwartete Desaster.
Das gehörnte Weib
Ob aller offenkundigen Unzulänglichkeiten von Regie und Drehbuch sollten indes auch nicht die Augen verschlossen werden vor dem Gestümper, das bisweilen von der schauspielerischen Gilde
veranstalt wird. Nicht zuletzt ist hierbei Hauptdarstellerin Meg Ryan eins auf den Deckel zu geben, die mit ihren nunmehr 47 Lenzen noch immer agiert wie das Mädel zum Pferdestehlen und unbeirrt
und Botox-motiviert all die sattsam bekannten und längst zu Ende geliebten Meg-Ryan-Marotten zum Besten gibt. In der Rolle der nebenher als Modedesignerin jobbenden Finanzheini-Gattin Mary Haines
aspiriert sie einmal mehr unsubtil auf die Publikumsherzen, wobei die Chancen auf deren Gewinn zunächst nicht schlecht stehen. Immerhin Mitleid ist ihrer Mary bereits zu Beginn gewiss, nachdem
deren bester Freundin Sylvia (ein Lichtblick: Annette Bening) bei der Maniküre im New Yorker Saks-Kaufhaus zufällig zu Ohren gekommen ist, dass ihr Mann ein Gspusi mit der Tussi von der
Parfümabteilung (Eva Mendes) hat. Da Sylvia gerne und viel redet, ist der engere Freundeskreis (Debra Messing und Jada Pinkett Smith) alsbald über diese Ungeheuerlichkeit informiert – dies ganz
im Gegensatz zu Mary. Es geht nun für einige launige Minuten somit primär darum, ob auch diese Wind von der amourösen Sache ihres Gemahls bekommt. Um es kurz zu machen: Sie bekommt. Und damit
geht es nun für mehr als eine zähe Stunde darum, wie Mary ihr Leben wieder in den Griff kriegt und sich allenfalls an ihrer schlechteren Hälfte rächt. Assistiert und beraten wird sie dabei nicht
nur von ihrer Clique, sondern auch von der Zufallsbekanntschaft Leah (Bette Midler), Haushälterin Maggie (Cloris Leachman), Teenagertochter Molly (India Ennenga) und Mutter Catherine (Candice
Bergen).
Eindimensional ist Trumpf
Zwecks Beschreibung der in Marys Gefolge rumstöckelnden «Women 2008» bieten sich diese Adjektive an: frivol, burschikos, aufmüpfig, versnobt, taff, nuttig, schusselig, lesbisch. An letzterer
Nennung wird klar, dass jeweils eines dieser Wiewörter einer bestimmten Person zugeordnet werden muss, und zwar exklusiv-konstituierend, sind doch die Figuren streng eindimensional konzipiert.
Der Reissbrett-Charakter dieses absolut ausschliesslich mit Frauen besetzten Remakes lässt sich freilich nicht bloss an der fast schon antifeministisch klischeehaften Figurenzeichnung ablesen.
Auch der für «Frauenfilme» obligat gewordene «Sex and the City»-Gestus wirkt mehr wie ein Marketingeinfall und ist insofern entbehrlich, als er dem bissigen TV-Vorbild niemals das Wasser reichen
kann. Gequasselt wird zwar auch in «The Women»
exzessiv; doch mündet das Ganze nach recht spritzigem Beginn in eine kunst- und fast endlose Abfolge von humorfreien Zwiegesprächen, die überdies nichts als Banalitäten ans Licht bringen.
Gänzlich unerträglich wird es dann am Ende, wenn das Hohelied auf die dem artifiziellen Schönheitsideal mutig entsagende «richtige» Frau gesungen wird – dies von einem Produkt einer Industrie,
die ebendieses Ideal (mit)erfunden hat, es hegt und pflegt und unentwegt in perversere Dimensionen hebt. Den besten Beweis dafür liefert der Film unreflektierterweise gleich selbst mit seinen
teils von plastischer Chirurgie verunstalteten und dem Jugendwahn Hollywoods streng gehorchenden Aktricen.