von Sandro Danilo Spadini
Eine Lauflänge von fast 150 Minuten: Für eine Komödie ist das doch recht ambitioniert – selbst wenn sie aus der Feder des Genre-Shootingstars Judd Apatow («Knocked up») stammt. Zweieinhalb
Stunden mit Gags zu füllen, dürfte auch den als Autor, Produzent und Regisseur auf allen Kanälen sendenden New Yorker und seine ihm treu ergebene Schauspieler-Gang um Seth Rogen überfordern.
Deshalb muss nicht nur Verstärkung her, wie sie nebst anderen in Adam Sandler und einer Armee von sich selbst spielenden US-Comedy-Stars sattsam gefunden wurde. Nein, es müssen auch neue Wege
gegangen werden. Dies umso mehr, als «Funny
People», so der Titel von Apatows drittem Regiestreich, augenscheinlich etwas Besonderes sein will.
Trauriger Clown
Es geht hier um Komödianten, allen voran um den zum Filmstar aufgestiegenen George (Sandler) und den sich noch in Clubs abstrampelnden Ira (Rogen). Bei dieser Thematik und eingedenk des Personals
beidseits der Kamera ist man versucht, den Tigerbalsam für die Lachmuskeln schon mal in Griffnähe zu bringen. Doch «Funny People» beginnt dann alles andere als lustig. Bei George wird eine
seltene Form von Leukämie diagnostiziert, die Überlebenschancen sind gering. Wir lernen sodann einen traurigen Clown kennen, der viel Geld, aber keine Freunde hat – und der jetzt also dem Tod ins
Auge blickt und dabei wehmütig auf ein verschwendetes Leben zurückschielt. Nanu, wo sind wir denn da? Wenngleich schon anfangs mit Blödelei-Scharmützeln zwischen Ira und seinen WG-Genossen (Jonah
Hill und Jason Schwartzman) parallel für «Comic Relief» gesorgt wird, ist das Melancholische nicht mehr wegzukriegen. Das ändert sich auch kaum, als der mit Komödien niedersten Anspruchs reich
und berühmt gewordene George zu seinen Ursprüngen zurückkehrt: in die Stand-up-Höhlen (und -Höllen) von L.A, wo freilich auch nicht alles das Zwerchfell euphorisiert. Hier trifft er schliesslich
auf Ira, dem er anders als die meisten Talent bescheinigt und sogleich einen Job als persönlicher Gagschreiber und Assistent gibt. Für Ira beginnt nun ein neues Leben, so wie für George auf der
Zielgeraden seines wohl letzten Weges ein neues Leben beginnt. Ein neuer Film fängt derweil immer noch nicht an, wiewohl sich die Scherze – gerne aus der für Witze aus dem Intimbereich
reservierten untersten Schublade hervorgekramt – allmählich mehren. Dieser neue Film, in welchem mit Apatows Gattin Leslie Mann und dem Australier Eric Bana zwei neue prominente Figuren
auftauchen, startet nach einem Schauplatzwechsel von L.A. nach Nordkalifornien erst im Schlussdrittel – und auch er ist nicht übermässig auf das Komische fokussiert. Ganz im Gegenteil: Statt ums
Leben geht es jetzt vornehmlich um die Liebe.
Grandioser Adam Sandler
«Funny People» ist also durchaus funny, indes mehr in der weniger erwarteten Bedeutung des Wortes – nicht funny-lustig, sondern funny-seltsam. Recht eigentlich ist das eine Milieu- und vor allem
Charakterstudie, die letzterem Wortteil durch Humor der herberen Sorte das Akademische nimmt. Für die äusserst genretreuen Schauspieler stellt solch eine krude Mischung natürlich eine gewisse
Herausforderung dar: Gelegenheiten, ihr komödiantisches Talent auszuspielen, erhalten sie dank der üppigen Lauflänge wohl ausreichend; doch ist bisweilen auch ernsthaftes Agieren gefragt. Am
besten macht sich dabei Adam Sandler. Im Grunde nicht allzu überraschend, hat er doch schon in Dramen wie «Punch-Drunk Love» und besonders «Reign Over Me» just jene Qualitäten gezeigt, die hier
gefragt sind. Zudem spielt er hier, was den beruflichen Werdegang angeht, praktisch sich selbst: einen vormaligen Stand-up-Comedian, der dann im Kino hartnäckig an einem ellenlangen
Strafregistereintrag voll humoristischer Frevel gearbeitet hat. Ein solcher ist «Funny People» mitnichten. Vielmehr ist das ein vielleicht etwas langer, aber gerade dank Sandler und der passend
ungeschminkten Bildsprache des Tausendsassas Apatow jedenfalls geglückter Versuch, eine Komödie der anderen Art zu machen. Und zu lachen gibts dann schon auch noch was.