von Sandro Danilo Spadini
Ben Thomas (Will Smith) ist ein Mann mit einem Plan. So viel respektive so wenig ist schon bald klar. Der Rest, das Ziel dieses Plans oder die Motivation des selbigen etwa, bleibt dann aber ein
bis in die Schlussminuten der Lüftung harrendes Mysterium. Es scheint etwas mit Schuld zu tun zu haben, mit Busse, mit potenzieller Erlösung vielleicht, und schenkt man der an den Anfang
gestellten Vorblende Glauben, wird Ben, dieser mit dem Leben auf Kriegsfuss stehende Steuerbeamte, die Vollendung seines eigenen Vorhabens aus dem Jenseits verfolgen. Von einem Selbstmord
berichtet er dem Notruf in dem kurzen Prolog, von seinem eigenen notabene. Und aus dem Off dies: «In sieben Tagen erschuf Gott die Welt. Meine habe ich in sieben Sekunden zerstört.» Wer so was
sagt, wird in diesem Leben wohl nicht mehr froh. Wer so was sagt, hat vielmehr abgeschlossen. Doch warum bringt Ben dann ständig neue Menschen in sein offenbar so hoffnungsloses Dasein? Einen
blinden Call-Center-Angestellten (Woody Harrelson) etwa. Oder die herzkranke Emily (Rosario Dawson), mit der er erst noch zarte Bande zu knüpfen sich anschickt?
Exzessive Geheimniskrämerei
Der Fragen sind viele in Gabriele Muccinos Drama «Seven Pounds», doch lassen die Antworten darauf dermassen lange auf sich warten, dass man – sozusagen in der Luft hängend und den
Protagonisten einfach nicht näher kommend – irgendwann das Interesse an ihnen zu verlieren droht. Und was zunächst die Ahnung von einem kunstvoll konstruierten Spannungsbogen in Thriller-Manier
vermittelt, wandelt sich spätestens ab der mit Längen gespickten zweiten Spielhälfte ohnehin mehr und mehr zur Gewissheit, dass sich hinter dem Ganzen nichts kriminell Spannendes verbergen wird.
Mit ihrer exzessiven Geheimniskrämerei schrauben Regisseur Muccino und der debütierende Schreiberling Grant Nieporte die Erwartungshaltung aber auch in nachgerade Schwindel erregende Höhe, sodass
am Ende eine gewisse Enttäuschung fast programmiert ist. Dies umso mehr, als die abenteuerliche Auflösung doch mehr im Kopf denn in der Realität ihren Geburtsort hat. Als stärkendes Proviant für
den Weg ins esoterisch-existenziell eingefärbte Ziel liefert freilich gerade Zeremonienmeister Muccino eine schöne Portion Augenfutter, derweil sein Star Will Smith gewohnt gekonnt seine
gottgegebenen Sympathiekarten ausspielt. Umgekehrt bringen einige Szenen von nicht intendierter Komik und die in der zweiten Darstellerreihe zu ortenden Spuren von gelegentlichem «Overacting» den
mit fast zwei Stunden Spielzeit entschieden zu lange geratenen und überdies mit einem sagenhaft mühsamen Piano-Score garnierten Streifen wieder um eine bessere Note.
Schamlose Manipulation
Es ist insgesamt eine verzwickte Sache mit diesem Film. Da ist mit dem Italiener Gabriele Muccino («L’ultimo bacio», «Ricordati di me») ein fraglos hoch versierter Regisseur am Werk, da ist eine
bei allem Hokuspokus-Gesülze gewiss reizvolle Grundidee vorhanden, und da ist mit Will Smith ein Superstar mit im Boot, der sich zunehmend auch im ernsten Fach verdient macht. Wie schon in dem
Drama «The Pursuit of Happyness», der ersten Kooperation von Muccino und Smith, wollen sich auch in «Seven Pounds» diese an sich erquicklichen Einzelteile gleichwohl nicht zu einer einerseits
völlig stimmigen und andererseits die Unzulänglichkeiten komplett übertünchen könnenden Einheit fügen. War es in Ersterem noch die moralisch zweifelhafte Essenz, die sauer aufstiess, so stört in
Letzterem zuvörderst der gleichsam unverschämt manipulative Gestus, welcher in der die Plot-Unebenheiten und -Absurditäten zu verschleiern versuchenden narrativen Struktur zur Anwendung gelangt.
Wie auf der Handlungsebene tut sich denn auch mit Blick auf die übermässig ernst vorgetragene Botschaft der Verdacht auf, dass hier ein bisschen zu offensichtlich geflunkert wird und alles weit
mehr im Dienste des schnellen Profits steht, als mittels des heftigen Flirts mit Kunstliebhaberei und Gutmenschentum vorgegeben wird.