von Sandro Danilo Spadini
Die Feststellung, der Porno- nähere sich verstärkt dem Spielfilm an, hat jetzt nicht gerade erhöhten Newswert. Derweil die Schmuddelindustrie seit je den seriösen Bruder parodiert hat und diesen
mit Multimillionen-Produktionen inzwischen auch imitiert, geht der Verkehr nun allerdings auch in die andere Richtung. Die Rede soll hier nicht von hardcore freizügigen französischen
Intellektuellenstreifen à la «Romance» oder «Intimacy» sein und auch nicht davon, dass Steven Soderbergh kürzlich mit XXX-Darstellerin Sasha Grey gedreht hat. Geplaudert werden soll vielmehr
darüber, dass sich auch das Komödienfach zuletzt vermehrt des gemeinen Herrenfilms angenommen hat. Oder genauer: des Drehens eines solchen. Und noch genauer: des amateurhaften Drehens eines
ebensolchen. Mit dem Jeff-Bridges-Vehikel «The Amateurs» hat dieser Mini-Trend einen zahmen Anfang genommen und mit der deutschen Produktion «Pornorama» sodann eine immer noch recht unschlüpfrige
Fortsetzung erfahren. Wenn nun aber mit Kevin Smith ein den Humorholzhammer schwingender Komödienkrawallbruder auf die Welle hechtet, sollte der Jugendschutz in Alarmbereitschaft stehen. Zumal
Smith schon seit seinem anarchischen Debüt «Clerks» in der Gegend der Gürtellinie zu scherzen pflegt und dabei immer wieder gerne zu geschmacklich umstrittenen Tiefschlägen ansetzt.
«Porno ist Mainstream»
Dem Derben bleibt Smith der Erwartung wie der Logik gemäss in «Zack and Miri Make a Porno» treu. Gleichzeitig sind aber auch gewisse Spuren jenes Reifeprozesses auszumachen, der vor fünf Jahren zu
einem unwillkommen braven Ergebnis namens «Jersey Girl» geführt hat. Kevin Smith sei erwachsen geworden, hiess es damals; doch was bei normalen Menschen als Kompliment gemeint gewesen wäre, wurde
bei dem dicken Bärtigen mit der Baseball-Kappe mit Entsetzen registriert. Seither hat Smith freilich die Fortsetzung von «Clerks» und eben «Zack and Miri» gedreht, und es darf wieder Entwarnung
gegeben werden: Kevin Smith ist höchstens ein bisschen erwachsen geworden, vielleicht in dem Masse, in dem Zack (Seth Rogen) und Miri (Elizabeth Banks) erwachsen sind. Dass andere in ihrem Alter
manche Stufe mehr genommen haben auf dem Weg zum vollwertigen Mitglied der Gesellschaft, erfahren die beiden wohl Tisch, aber nicht Bett teilenden Freunde an ihrer Klassenzusammenkunft. Der
Rapport über das seit Schulabschluss Geleistete und Errungene fällt jedenfalls bei beiden dürr aus. Das wäre ihnen zwar gerade noch wurscht. Doch genervt sind sie halt darob, dass in ihrem Haus
Dinge wie Wasser oder Strom veritable Luxusgüter sind, in deren Genuss sie nur sporadisch kommen. In Zeiten der Entbehrung ist der Erfindergeist freilich noch immer am wachsten gewesen, und so
blitzt es dann in einem Moment der legeren Bierseligkeit auch bei Zack. Porno ist sein Heureka, einen Porno drehen! Denn: «Porno ist Mainstream» – ein Argument, das auch Miri überzeugt.
Herzliches Ende
Ist der Entschluss erst mal gefasst, steuert Smith bekanntes Fahrwasser an. Cast und Crew werden rekrutiert, darunter Smith-Buddy Jason Mewes, Pornoikone Traci Lords und der wunderbare Craig
Robinson als «Produzent»; die einzelnen Szenen mit Augenmerk auf eine jeweils spezifische Sexualpraktik werden unter allzu menschlichen Missgeschicken und technischen Turbulenzen abgedreht. Und
da auch Zack und Miri höchstselbst vor der Linse stehen und schwitzen werden, weiss der geneigte Cinema-Connaisseur schon, was überdies noch kommen wird: ein Parallel-Hindernislauf zum
Liebesglück, an dessen Ziel die Titelhelden endlich vereint sein werden. Just hier wird Smith dann auch jene Karte spielen, die er zuvor noch im Ärmel versteckt gehalten hatte. Nach mancher
pubertärer Albernheit, einigem Abgeschmacktem und nicht wenigen humoristischen Bomben kommt nun tatsächlich so etwas wie Romantik ins Spiel. Dass Smith, sein putzmunteres Alter Ego Seth Rogen und
die gewinnende Elizabeth Banks der neuen Konstellation mit Herz als Trumpf wirklich süsse Momente abgewinnen können, hat dann wieder was Erwachsenes – und diesmal auch was Erfreuliches.