von Sandro Danilo Spadini
Sie könnten problemlos eine Fussballelf gründen, die jungen deutschen Regisseure, die in den letzten paar Jahren in Hollywood aufgeschlagen haben. Und beäugt man das, was Christian Alvart, Oliver
Hirschbiegel und Konsorten unter der Sonne Kaliforniens so fabriziert haben, ist man in der Tat versucht, ihnen zu einer Alternativbeschäftigung zu raten. Denn zum legitimen Erben eines Fritz
Lang oder eines Douglas Sirk konnte sich nun wirklich keiner von ihnen aufschwingen. Der 42-jährige Robert Schwentke, mit dem Thriller «Tattoo» im Rucksack vor fünf Jahren gen Amerika
aufgebrochen, macht da zwar keine Ausnahme. Doch vermochte der Stuttgarter mit dem hitchcockhaften Nervenkitzler «Flight Plan» immerhin ansprechend zu debütieren. Bei der Literaturverfilmung «The
Time Traveler’s Wife» hat man ihn im Vorjahr deshalb zu Recht nochmals rangelassen; und obwohl dies dann nicht so toll hinhaute, darf er es nun noch ein drittes Mal versuchen: mit einer
altstarbesetzten Agentenkomödie, die nichts mehr und nichts weniger als launige Unterhaltung verspricht.
Nach Schema F
In der Comicverfilmung «RED» schlüpft Bruce
Willis in die Rolle eines längst pensionierten CIA-Mannes, der unversehens ins Kreuzfeuer eines Killerkommandos gerät. Es ist kein Spagat, den Willis mit dieser Rollenwahl gewagt hat – einen
Typen wie diesen Frank Moses hat der Glatzkopf wohl schon im Sandkasten gespielt. Wagnis ist hier ohnehin nicht gerade das Zauberwort. Wohl schiesst und quasselt sich die
Agentenruheständler-Truppe um Willis, Morgan Freeman, John Malkovich, Helen Mirren und Brian Cox um Kopf und Kragen; doch werden sie dabei dirigiert von einem Skript und einer Regie, die das
Formelhafte zur obersten Prämisse erkoren haben. Und so bejahrt die Darstellerriege, so lang und grau ist denn auch der Bart der meisten Scherze, die Willis und Co. zum Besten geben dürfen. Das
fängt schon bei der Bedeutung des Filmtitels an: «RED» soll im CIA-Jargon stehen für «Retired: extremely dangerous» (Pensioniert: extrem gefährlich). Das ist nicht so lustig, und viel spassiger
wird es im Folgenden leider nicht werden. Ein umso grösserer Segen ist es da, dass die chronisch unterschätzte Mary-Louise Parker (aus der TV-Serie «Weeds») noch mit von der Partie ist. Was die
46-Jährige allein mit ihrer Mimik veranstaltet, ist quasi die Antithese zu den verbalen Kalauerscharmützeln, die hier ansonsten feilgeboten werden. Parkers Rolle ist derweil wieder dem
Genre-Formelbuch entnommen. Sie spielt wie im Sommer Cameron Diaz in «Knight and Day» die unschuldige Frau Normalverbraucherin, die vom schiesswütigen und liebestollen Helden auf dessen Kreuzzug
in Schlepptau genommen wird. Das hört sich nun wiederum relativ lahm an, ist es aber gar nicht mal. Vielmehr sind die Szenen mit Willis und Parker im Duett recht eigentlich das Highlight des
Films – einer tollen Chemie zwischen den beiden Leads sei Dank.
Ein Polit-Komplott
Ein wenig Spannung will dann auch noch aufkommen. Wenn Moses und seine Mitstreiter einem Komplott auf die Spur kommen, landet das Geschehen nach einem guten Dutzend quer über die USA verteilten
Stationen zwischendurch auch in Washington und dort in den obersten Etagen der Macht. Der lange nicht gesehene Richard Dreyfuss wird noch auftauchen und einen Dick-Cheney-Verschnitt geben, was
ebenso nett ist, wie der königlichen Helen Mirren beim Hantieren mit einem Sturmgewehr zuzusehen. Man kann mit zwei Stunden seines Lebens Dümmeres anstellen, als diesen in der Tat launige
Unterhaltung bietenden Film anzuschauen – etwa eine der unzähligen ähnlich gelagerten, aber weniger fachmännisch fabrizierten Genreproduktionen gucken. Einen Platz in der Ahnengalerie der
Hollywood-Deutschen sichert sich Robert Schwentke mit «RED» aber nicht. Das Augenmerk darf daher auf die Frage gerichtet werden, ob es Landsmann Florian Henckel von Donnersmarck bei seinem
US-Debüt besser machen wird. Der Regisseur von «Das Leben der Anderen» hat just mit Angelina Jolie und Johnny Depp den Thriller «The Tourist» abgedreht.