Harte Fäuste, böse Blicke, schlechte Sprüche

Für den Klopperkracher «The Expendables» hat Sylvester Stallone fast alle Actionstars der Achtziger rekrutiert. Die Nostalgiekarte ist denn auch sein grösster Trumpf – und der einzige.

 

von Sandro Danilo Spadini

Mittlerweile ist man ja schon als Mittdreissiger genug vergesslich oder verklärt, um davon überzeugt zu sein, dass die Achtziger ein tolles Jahrzehnt waren. Und zu einem tollen Jahrzehnt gehören halt auch tolle Blockbuster-Filme. Von denen gab es in den 80s aber nicht so viele, und jene blutgetränkten, blau befleckten, schussgewaltigen mit maulfaulen und mimisch minimalistischen Maschinen der Marken Stallone und Schwarzenegger zählen schon gar nicht dazu. Gestünde man sich das ein, müsste man freilich erkennen, dass die Achtziger mindestens populärfilmisch vielleicht doch nicht so bombig waren – schliesslich dominierte der gemeine Klopperkracher mit dem inzwischen fast ausgestorbenen Typus des reinen Actionstars dieses Kinojahrzehnt. Und gestünde man sich das wirklich ein, würde auch die eben noch helle Vorfreude auf «The Expendables» auf das vernünftige Mass sinken. Das nämlich ist jener Streifen, für den Sylvester Stallone (64) nebst seinen (il)legitimen Nachfolgern auch praktisch all seine testosterongeladenen Rivalen aus den silbernen Achtzigern zusammengetrommelt hat. Dolph Lundgren (52) ist da, Bruce Willis (55) gibt sich die Ehre, und auch Arnold Schwarzenegger (63) schaut kurz vorbei. Für eine Prise Subtilität sorgen Eric Roberts (54) und Mickey Rourke (57). Und frisches Blut bringen Jason Statham (37), Jet Li (47) und Steve Austin (45) rein. Drei Vierschröter, die nicht dabei sind: Jean-Claude Van Damme (49), Steven Seagal (59) und Chuck Norris (70). Mit allen drei habe er geredet, erklärt Stallone. Doch: «Es gibt da gewisse Überlegungen. Wie Unzurechnungsfähigkeit.» Schade. Oder auch nicht.

Hirnlos und sinnfrei

Viel verpasst haben jedenfalls selbst Van Damme, Seagal und Norris nicht. Die Story von «The Expendables» in der Kurzversion: Es wird alles kurz und klein geschlagen. In der Langversion: Es wird alles kurz und klein geschlagen, zwischendurch gibt es was auf die Fresse, und am Schluss wird alles in die Luft gejagt. Man könnte das mit «The Dirty Dozen» oder «The Wild Bunch» vergleichen – und würde damit dem Andenken von Robert Aldrich und Sam Peckinpah schweren Schaden zufügen. Denn ausser dem Umstand, dass wir es hier ebenfalls mit einem dreckig-wilden Haufen zu tun haben, ist nichts Cineastisches zu entdecken, was diesen Vergleich rechtfertigte. Faktisch ist in dieser «Geschichte» um eine verschworene Söldnertruppe gar nichts Cineastisches zu entdecken. Es kracht subito, und subito ist klar, dass hier nicht die feine Klinge geführt, sondern die dicke Uzi gezückt wird. Kommuniziert wird vornehmlich mit bösen Blicken, geredet ausschliesslich in Hauptsätzen, allerdings nicht immer in ganzen. Und unsere Söldner, deren Steckenpferd das Töten für eine gute Sache ist, mögen nebst Waffen aller Kaliber auch noch schwere Motorräder, grosse Tattoos und Frauen, die Cheyenne heissen. Mit anderen Worten: Das ist Achtzigerjahre-Actionkino reinsten Testosterons, ebenso hirnlos und sinnfrei wie damals, aber mit verbesserter Technik, dank welcher alles noch ein bisschen lauter ist und man abgetrennte Gliedmassen à gogo kredenzt bekommt. Manche nennen das einen Heidenspass, manche nicht.

Bitte nicht schauspielern!

Nein, es ist kein guter Film, den Stallone hier gedreht hat. Immerhin aber finden sich darin Szenen, die dermassen unlogisch sind, dass es kanonenlustig ist. Dies ganz anders als die selbst in Schwarzeneggers Miniauftritt nicht zündenden Verbalpointen. Die Sprüche unserer Maul- und Revolverhelden sind sogar richtig schlecht – auch das also wie einst in den 80s. Und die alten Säcke? Die sind sie immer noch recht fit, wobei plastische Chirurgie und Steroide das Ihre zum flotten Look beigetragen haben dürften; und ihre mimischen Zuckungen sind nach wie vor zum Fremdschämen. Zum Glück ist da noch Mickey Rourke. Ihm gönnt Stallone eine Monologszene, in der ersichtlich wird, was den Schauspielerjob auch noch ausmachen kann: schauspielern. Sie steht freilich völlig quer in dieser zerbombten Kinolandschaft, die uns für einen Moment sogar daran zweifeln lassen könnte, dass die Achtziger ein wahrhaft tolles Jahrzehnt waren.