Das Wolfsrudel rockt Bangkok im Rausch

In «The Hangover Part II» ist ausser dem Schauplatz und dem noch eine Spur brachialeren Humor praktisch alles gleich wie in Teil eins. Zum Vergessen ist der Film trotzdem nicht.

 

von Sandro Danilo Spadini

«Okay, ein Drink», sagt Stu (Ed Helms) und meint das so. Schliesslich will der Mann übermorgen heiraten, und die Erinnerungen an den letzten Polterabend sind ja noch frisch – das heisst: die Erinnerungen an den Morgen nach dem Polterabend. Um zu vermeiden, dass sich die alkoholgeschwängerten Geschehnisse wiederholen, hatte Stu das Feiern mit Phil (Bradley Cooper) und Doug (Justin Bartha) denn auch schon daheim hinter sich gebracht: mit einem Junggesellen-Brunch beim International House of Pancakes und das sehr zum Missmut der Kumpels. Weil es hier in diesem thailändischen Resort aber gerade so schön ist, lässt sich Stu also immerhin zu dem einen zivilisierten Bierchen am Lagerfeuer überreden. «Okay, ein Drink»: Man kennt das und weiss, wo es hinführen kann. Und man kennt halt auch Stu, Phil, Doug und den noch dazugestossenen Oberchaoten Alan (Zach Galifianakis) und weiss, wo es definitiv hinführen wird. Schliesslich sind auch unsere Erinnerungen an das letzte Mal noch frisch, und die Déjà-vu-Auftaktszene mit dem verzweifelten Phil am Telefon hat es ja vorweggenommen: «Dieses Mal haben wir es wirklich verbockt.»

Der bärtige Blödelbär

Nicht gänzlich verbockt haben es Regisseur Todd Phillips und seine beiden (neuen) Drehbuchautoren in «The Hangover Part II». Gut zwei Jahre nach dem kassenträchtigen und preisgekrönten ersten Teil lassen sie das Wolfsrudel, wie Alan die desorientierte Herrenrunde nennt, wieder mit dem Desaster flirten. Und anders als im Vorgänger ist eigentlich bloss der Schauplatz: Bangkok statt Vegas. Wie es sich für Sequels geziemt, hat das Ganze aber mehr Schikanen, und es wird überall etwas dicker aufgetragen: grössere Fehltritte, deftigere Witze, zusätzliche Genitalien. Phillips hat es sich hier also sehr einfach gemacht und presst auch aus der neuen Destination nur die gängigsten Klischees raus. Ein Ausbund an feingeistigem Augenzwinker-Humor war zwar schon der erste Streich nicht wirklich; doch durfte dieser für sich reklamieren, mit einer so frischen wie erfrischend umgesetzten Idee aufzuwarten. «Part II» hat derweil vor allem den Wiedererkennungseffekt auf seiner Seite – erstaunlicherweise reicht das aber für immer noch ziemlich vergnügliche 100 Minuten. Zu einem guten Teil liegt das erneut am bärtigen Blödelbären Zach Galifianakis. Er stahl schon im Vorgänger und auch in dem von Phillips zwischendurch fabrizierten Schwank «Due Date» manch prominenterem Kollegen die Schau. Und hier scheinen die Drehbuchautoren ganz besonders einen Narren an ihm gefressen und beinahe sämtliche zündenden Gags für ihn zur Seite gelegt zu haben. Freilich verschiessen sie dabei ihr Pulver arg früh: So glorios wie zu Filmbeginn in Alans Schlafzimmer daheim werden nämlich auch dessen Scherze und Scharmützel nimmer.

Bizarre Begegnungen

Galifianakis‘ Saufkumpane Cooper und Helms sind ebenfalls ihr übliches vereinnahmendes Selbst und damit mit die grössten Trümpfe bei der verkaterten Rekonstruktion eines völlig aus den Fugen geratenen Abends. Im Zuge dessen kommt es für das Wolfsrudel wiederum zu manch bizarrer Begegnung: mit einem rauchenden und Drogen dealenden Äffchen, dem einen oder anderen Überraschungsgast aus Teil eins sowie mit Paul Giamatti und Nick Cassavetes. Letzterer erbte seine Rolle vom rausgeschnittenen Liam Neeson, nachdem dieser sie vom unerwünschten Mel Gibson übernommen hatte – ein Hickhack, das nicht im Mindesten die Mühe gelohnt hat, ist der Part doch so speziell nun auch wieder nicht und für den Plot absolut vernachlässigbar. Besser hätte man die dafür draufgegangene Zeit darauf verwendet, ebendiesem Plot mehr Dreh und Drall zu verleihen – etwa auf Kosten des spätpubertären Leerlaufs und des dummen Zeugs, die bei diesem Regierabauken ebenso unvermeidlich zu sein scheinen wie das gelegentliche Überspannen des Humorbogens. Aber wer mag es Phillips verdenken, dass er faul und profitbewusst an seinem Konzept festhielt? Immerhin ist es ein geniales Konzept – so genial gar, dass es auch billig wiederverwertet noch ordentlich funktioniert.