von Sandro Danilo Spadini
Komödien über den Glauben sind ein heisses Eisen. Dies nicht nur aus dem augenfälligen Grund, dass viele keinen Spass verstehen, wenn es um die Religion geht. Vielmehr scheinen auch jene wenig
Humor zu haben, die diese Komödien schreiben. Die Filmgeschichte ist jedenfalls nicht eben rappelvoll mit geglückten demgemässen Versuchen. Wenn es aber jemandem zuzutrauen ist, daran etwas zu
ändern und für eine Wende zum Lustigen zu sorgen, dann doch wohl den Briten. Und tatsächlich ist aus dem Vereinigten Königreich unlängst mit «Four Lions» ein passabler Schwank über einen Haufen
trotteliger Jihadisten auch zu uns rübergeschwappt. Entsprechend optimistisch und vorurteilsfrei möchte man daher an die Satire «The Infidel» rangehen – gerade auch, weil das Drehbuch aus
prominenter und profilierter Feder stammt. Was der englische Komiker und Schriftsteller David Baddiel hier dann aber an Scherzen verbrät, ist leider allzu zäh und korrespondiert unvorteilhaft mit
der niveauarmen Inszenierung von Josh Appignanesi («Song of Songs»).
Der doppelte Pseudo
Dabei wäre die Grundprämisse von «The Infidel»
durchaus dazu angetan, von einem günstigeren Ausgang dieser ersten Kinoarbeit David Baddiels auszugehen. Ins Zentrum des oft grellen Geschehens stellt dieser den muslimischen Taxifahrer Mahmud
Nasir (Omid Djalili) – einen Glatzkopf mit Bierbauch und einer viel zu hübschen Frau (Archie Panjabi aus «The Good Wife») aus dem Londoner East-End-Arbeiterviertel. Kaum fünf Filmminuten sind um,
da macht Mahmud eine ungeheuerliche Doppelentdeckung: dass er nicht nur adoptiert, sondern auch jüdischer Herkunft ist und eigentlich Solly Shimshillewitz heisst. Gerade für letzteres Detail ist
der Zeitpunkt dümmstmöglich: Sein Sohn (Amit Shah) nämlich ist im Begriff, die Stieftochter eines islamischen Hasspredigers aus Waziristan (Yigal Naor) zu ehelichen; und der religiös
unambitionierte Mahmud hat ihm für den anstehenden Besuch des Schwiegerpapas in spe versprochen, «so muslimisch wie möglich» zu sein. Nun freilich gerät er in eine gänzlich unmoderate
Identitätskrise, und die einzige Person, der er sich anvertraut, ist ein England hassender amerikanischer Jude (Richard Schiff), den er erst eben kennengelernt hat. Derweil er mit diesem jüdische
Sitten lernt, um vorbei an einem strengen Rabbi (Matt Lucas) zum Totenbett seines biologischen Vaters vorgelassen zu werden, mehrt sich die Verwirrung in seinem Umfeld. Sein Imam glaubt, er sei
schwul, seine Frau befürchtet, er betrüge sie. Und Mahmud selbst weiss vor lauter pseudomuslimischem und pseudojüdischem Getue bald überhaupt nicht mehr, wo ihm der mal mit Takke, mal mit Kippa
bedeckte Glatzkopf steht. Allen will er es recht machen – und am Ende wird er damit selbstverständlich alle verärgern.
Zu oft zu offensichtlich
Bis es so weit ist, hat Mahmud noch einiges Unerfreuliches zu erdulden – und ebenso wir. Denn gar oft wählen Baddiel und Appignanesi den allzu naheliegenden Weg, entscheiden sie sich für den sehr
offensichtlichen Gag und den geradeso offensichtlichen Regiekniff. Zudem war der Cutter wohl öfters in der Rauchpause. Endlos lang und schmerzend scherzlos sind einige Einstellungen geraten, was
«The Infidel» etwas geradezu Behäbiges gibt. Wohlgemerkt hat das nichts damit zu tun, dass der Film politisch unkorrekter sein dürfte; darum bemühen sich Regie und Skript redlich und bisweilen
auch mit grenzwertigen Gags. Nein, origineller, intelligenter und vor allem lustiger müsste er sein. Irgendwann freilich scheint das multiethnische Team hinter «The Infidel» selbst den Glauben
verloren zu haben und begräbt das ursprüngliche freche Konzept, um moralisch zu werden. Es ist zwar ehrbar, wenn am Ende noch ein Plädoyer für religiöse Toleranz heruntergebetet wird. Aber
gerettet wird damit auch nichts mehr. Schade eigentlich, denn mit dem Prolocharme versprühenden Omid Djalili, dem zynischen «West Wing»-Star Richard Schiff und auch der zu oft unterschätzten
Archie Panjabi und dem zurzeit in «Bridesmaids» auftrumpfenden Matt Lucas ist hier ein tipptopp aufgelegtes Ensemble am Werk.