von Sandro Danilo Spadini
«Reykjavík Rotterdam» hiess der vor zwei Jahren auch auf einigen internationalen Filmfestivals gezeigte isländische Schlager von Óscar Jónasson. Wenn sein damaliger Hauptdarsteller Baltasar
Kormákur den Actionthriller nun für Hollywood neu aufbereitet, ist es also naheliegend, dass die Abänderungsarbeiten bereits beim Titel beginnen. Zwischen New Orleans und Panama City verkehrt in
dem «Contraband» getauften Remake das
Frachtschiff, auf dem der nun Chris Farraday heissende und von Mark Wahlberg verkörperte Held sein Comeback als Schmuggler gibt. Das allerdings sehr schweren Herzens, tuckert der einstige Meister
seines illegalen Fachs doch schon längst in den ruhigen Gewässern des ehrlichen Bürgers. Jetzt aber sieht er einfach keine andere Möglichkeit. Sein jugendlicher Schwager (Caleb Landry Jones) hat
nämlich gemeint, er müsse in seine Fussstapfen treten; den jüngsten Schmugglerjob hat er aber komplett versenkt, und jetzt ist sein psychopathischer Auftraggeber (Giovanni Ribisi) superschlecht
auf ihn zu sprechen – so obersaumässig schlecht, dass er gar Chris’ Gemahlin (Kate Beckinsale) und den gemeinsamen Kinder auch mal einen wüsten Drohbesuch abstattet. Stramme 700 000 Dollar
reklamiert der Psycho mit solchem Nachdruck für sich, und da gibts nun also wirklich nichts: Chris muss zurück auf die schiefe Bahn.
Dem Genre verpflichtet
Ist dieser Entschluss erst mal gefasst, geht es mithilfe von Kumpel Sebastian (Ben Foster) an die Planung dieses letzten, aber wirklich allerletzten Dings. Das sind nun überaus klassische
Kinomomente, die denn auch eine gewisse Vorfreude auf allerlei kriminelle Tricks und technische Kniffe wecken, die da normalerweise kommen. Ganz erfüllt werden diese Erwartungen dann aber nicht.
Was folgt, ist weniger das pfiffige Vollenden eines Meistercoups als vielmehr das brachiale und gerne brutale Justieren des ursprünglichen Plans. Eine viel zu grosse Rolle spielt dabei der Zufall
– und eine viel zu kleine die Logik. Das freilich wäre nicht allzu beklagenswert, ja kaum der Rede wert, krepierten nicht so viele der Actionsalven bereits im Rohr. Doch Kormákur, dem einst beim
Regiedebüt mit «101 Reykjavík» ein waschechter Publikumsliebling glückte, geht die Sache auch bei seinem neusten Auslandabenteuer öfters verkehrt oder zu vorhersehbar an. Schon bei «A Little Trip
to Heaven» (2005) und «Inhale» (2010) blieb dem Isländer der grosse Wurf und damit der internationale Durchbruch verwehrt. Und bei seinem bislang prominentesten Projekt muss er sich nun abermals
den Vorwurf mangelnder Risikobereitschaft gefallen lassen. Was er mit «Contraband» auf die Leinwand bringt, ist nicht viel mehr als ein Film vom Fliessband: ein überaus genregetreuer Thriller,
der in jeder seiner 109 Minuten unspektakulär ausschaut und sich ebenso anfühlt.
Ein kleiner Glanzpunkt
Das heisst indes auch, dass Kormákur und Drehbuchdebütant Aaron Guzikowski auf ihren Kernauftrag fokussiert sind und keine unnötigen Mätzchen veranstalten. Die Geradlinigkeit, mit der sie zu
Werke gehen, ist vielleicht die hervorstechendste Qualität von «Contraband». Und trotzdem will die angepeilte Hochspannung nicht aufkommen – dafür offenbart Kormákur einfach zu oft Mängel im
Timing. Und auch schauspielerisch gibt es nicht viel zu bestaunen: Kate Beckinsale ist farblos wie stets, wobei ihr das Drehbuch auch nichts Gescheites zu tun gibt; Giovanni Ribisi hat schon
deutlich schneidigere Psychos gespielt; und Mark Wahlberg ist zwar ideal besetzt und kann einen Film wie diesen mittlerweile mühelos tragen – ein mimisches Feuerwerk veranstaltet er aber auch
hier nicht. Unbedingt die Veranlagung dazu hat demgegenüber Ben Foster. Und in der Tat ist er es, der als labile Schlüsselfigur die darstellerischen Glanzpunkte setzt. Ja recht eigentlich setzt
Foster die einzigen Glanzpunkte in diesem Remake der eher nicht so zwingenden Sorte.