Früher war eben alles viel, viel besser

Clint Eastwood spielt im Baseball-Film «Trouble with the Curve» seinen Standard. Und auch sonst bietet der Erstling seines langjährigen Regieassistenten Robert Lorenz keine Überraschungen.

 

von Sandro Danilo Spadini

Eigentlich sollte nach «Gran Torino» Schluss sein mit der Schauspielerei. Doch dann chargierte Clint Eastwood Ende August auf der Bühne beim republikanischen Parteitag. Und nun agiert er in «Trouble with the Curve» sogar wieder auf der Leinwand – als Starthilfe für seinen langjährigen Regieassistenten Robert Lorenz, der mit diesem Baseball-Streifen seinen Einstand als erster Mann hinter der Kamera gibt. Freilich ist das nach dem letzten Hurra im famosen «Gran Torino» nur mehr ein allerletztes Hossa, wenn der 82-Jährige erstmals seit fast 20 Jahren in einem nicht von ihm inszenierten Film spielt. Denn was Eastwood hier abgibt, ist das endlich alt gewordene Bild des knorrigen Seniors, der alles besser weiss und kann als diese dummen Jungen. Diesmal tut er dies in der Person eines Baseball-Talentspähers namens Gus: ein Dinosaurier im klinischen Sportbusiness, der gerne über Dinge wie Yoga, Feng-Shui und das «Interweb» motzt, frohgemut Zigarren pafft und schon zum Frühstück Speck-Salami-Sardellen-Pizza mampft.

In der Klemme

Trotz Legendenstatus droht Gus nun indes die Auswechselbank. Sein Vertrag läuft nur noch drei Monate; und die geschniegelten Springinsfelde mit ihren Computern und Statistiken tänzeln schon an der Seitenlinie, um ihn im Stab der Atlanta Braves zu ersetzen. Was die Verantwortlichen beim dreimaligen World-Series-Gewinner dabei noch nicht einmal wissen: Gus hat soeben erfahren, dass er allmählich erblindet. Sogar ihm müsste es da einleuchten, dass er diesen Adleraugen erfordernden Job nicht mehr allzu lange wird machen können. Doch Gus ist ein dermassen sturer Bock, dass es schon die Besorgnis seines Kumpels und Chefs Pete (John Goodman) braucht, damit sein nächster Scouting-Trip nicht definitiv sein letzter wird: Der nämlich überredet Gus’ eigentlich anderweitig beschäftigte Tochter (Amy Adams), ihrem alten Herrn beim Talentefang in North Carolina beizustehen. Mickey – benannt nach Baseball-Ikone Mickey Mantle – ist dann leider auch nicht viel frischer gezeichnet als der Papa. Eine patente junge Dame ist das, wie sie schon ungezählte Male von der Leinwand heruntergezwinkert hat: eine, die aufdringlichen Hinterwäldlern nicht nur beim Billard den Meister zeigt; die mit ihrem immensen Baseball-Wissen gerade auch den schnuckeligen Red-Sox-Scout Johnny (Justin Timerblake) schwer beeindruckt; und die ihr Unkompliziert-Sein obendrein knackig zu begründen weiss: «Ich bin unter Männern aufgewachsen, die fluchten, tranken und furzten.» Der Vater allerdings war in Mickeys Jugend zu selten präsent; weggegeben hat er sie nach dem frühen Tod der Mutter zwischenzeitlich sogar, und geredet hat er natürlich nie darüber, sondern immer nur über Baseball. Und deshalb liegt da jetzt manch Totgeschwiegenes begraben, das auf dieser Reise durch das sonnige ländliche Carolina aber schon noch ausgebuddelt werden wird. Denn nach dem Abhaken der komödiantischen Ambitionen mit abgestandenen Altherrensprüchen ist das letzte Drittel für Rühriges und Romantisches reserviert.

Aus dem Baukasten

Der Titel dieses Plädoyers für alles Traditionelle und wider jedes Moderne ist standesgemäss eine Baseball-Metapher: Sie spielt auf das Problem an, einen Ball mit kurviger Flugbahn zu treffen. Das Problem des Films wiederum ist, dass er einen gar schnurgeraden Weg einschlägt. Bei einer Affiche wie dieser erwartet zwar niemand Revolutionäres. Doch Neoregisseur Lorenz und Drehbuchdebütant Randy Brown hatten nun wirklich keinen einzigen originellen Einfall. Szenen auf Autopilot, Figuren von Pappe, Dialoge aus der Konserve: alles aus dem Kino-Baukasten für ganz Faule – und passend simpel das Weltbild dazu: Zwischen gut und böse, alt und jung, klug und dumm wird eine messerscharfe Linie gezogen. Dass schliesslich auch der Blick auf das Baseball-Business ein allzu einseitiger und sehr romantischer ist, verzeiht man aber gerne. Zumal die in schön altmodischen Bildern dokumentierte Liebe zum Spiel echt zu sein scheint. Wer die Mechanismen dieser Sportart gleichwohl verstehen möchte, sei halt an den sensationellen Brad-Pitt-Film «Moneyball» verwiesen. Dort schnöden auch nicht dauernd greise Besserwisser.