von Sandro Danilo Spadini
Irgendwer soll endlich diesen Paul Feig dingfest und unschädlich machen. Am besten Ashburn (Sandra Bullock) und Mullins (Melissa McCarthy). Dann wäre jedenfalls garantiert, dass dieser
Regie-Hallodri nicht nochmals eine solch gemeingefährliche Attacke auf unsere Zwerchfelle fährt. Mit dem Heiratsschwank «Bridesmaids» hatte Feig vor zwei Jahren ja schon beinahe irreparable
Schäden in dieser Region angerichtet; doch mit der Buddy-Cop-Komödie «The Heat» legt der bald 50-Jährige jetzt fieserweise noch eine Schippe drauf. Nicht wenig hat das natürlich mit besagten Ashburn und
Mullins zu tun: Erstere eine schmallippige FBI-Agentin aus New York mit Sozialkompetenzdefizit, der Kollegen «Arroganz, Konkurrenzdenken und Selbstherrlichkeit» vorhalten und die folgerichtig nur
mit Nachbars Katze schmust; Zweitere eine grossmäulige Polizistin aus Boston von der eher groben Sorte, die man wahlweise für «überspannt» oder «verrückt» hält und deren Teuerstes ein Kühlschrank
voller Waffen ist. Ashburn und Mullins mögen sich erst mal nicht, wenn sie im Bostoner Polizei-Hauptquartier aufeinanderprallen. So weit, so klassisch. Freilich geht die gegenseitige Abneigung
weit über das übliche Zuständigkeitsgerangel zwischen Bundes- und Lokalpolizei hinaus. Und es ist auch mehr als ein Zickenkrieg, was die Verstockte und die Stämmige veranstalten. Was sich Ashburn
und Mullins da liefern, ist das, was Amerikaner, die wie Mullins reden, einen «pissing contest» nennen – oder um es im Stil von Ashburn zu sagen: ein Ego-Streit. Und zwar einer, wie man ihn eher
vom anderen Geschlecht kennt.
Girls haben Fun
Dass hier Frauen ein Spielfeld geboten wird, das Hollywood für gewöhnlich nur Männern öffnet; und dass sich diese beiden Frauen darauf auch austoben dürfen wie die patzigsten Obermacker: Das ist
ein durchaus gewichtiges Verdienst dieses leichten Publikumsschmeichlers. Dass Feig und Drehbuchautorin Katie Dippold derweil in der Grundanordnung ganz auf das sattsam bewährte Buddy-Muster und
bei der Story auf recht Unkompliziertes setzen, ist geschenkt. Der Pep muss bei dieser Form von Film ja nicht vom Plot kommen. Zünden müssen die Gags, und das tun sie in «The Heat» gewaltig und
mit rekordverdächtiger Lacher-pro-Minute-Rate. Richtiggehend hochzuschaukeln vermögen sich bei diesem Schusswechsel die bombastisch harmonierenden Hauptdarstellerinnen. Sandra Bullock, die nach
vierjähriger Komödienpause eine Variation ihrer «Miss Congeniality»-Rolle spielt, und Melissa McCarthy, die in «Bridesmaids» als Show-Stibitzerin zum Star wurde: Ihnen gehört hier praktisch aller
Spass mit zahllosen Sprücheklopfer-Zeilen und einigen Slapstick-Einlagen, während die Männer-B-Riege um Demián Bichir, Marlon Wayans und Michael Rapaport seriös bleiben muss. Und auch auf der
Suche nach einem aufsässigen Drogenboss geben die beiden selbstredend den Ton an und den Tarif durch.
Ein Apatow für Frauen
Weil der Ablauf hier nun wirklich komplett aus dem Formelbuch ist, steht nach den schön ausgiebig zelebrierten Scharmützeln zwischen Ashburn und Mullins dann auch dies noch an: der Blick in
persönliche Ab- und Hintergründe, die zwischenmenschliche Annäherung, das Actionfurioso im Finale. Das sind jene Momente, die normalerweise bedenkenlos dazu genutzt werden können,
Popcorn-Nachschub zu holen oder auf dem iPhone die Filmografie dieses oder jenes Nebendarstellers nachzuschlagen. Nicht so hier. Denn hier wirds nie wirklich besinnlich oder fad, wird doch auch
aus der plattesten Szene und der vorhersehbarsten Anordnung noch ein passabler Witz herausgepresst. Dabei darf es gerne auch frivol und profan hergehen – schliesslich hat Hollywood nach Hits wie
«Ted» und «The Hangover» oder den Knüllern von Komödienguru Judd Apatow wieder richtig Lust auf Spassiges für Erwachsene gekriegt. Apropos Apatow: Seinem bei Universal beheimateten Kumpel hat es
Paul Feig nun gleichgetan und beim Konkurrenten Fox einen Vertrag für mehrere Komödien unterzeichnet. Ob er ihm auch darüber hinaus nacheifert und künftig die maskuline Keule schwingt, scheint
indes fraglich. Eine Fortsetzung von «The Heat» ist jedenfalls schon mal angedacht.