von Sandro Danilo Spadini
Es war eine schwierige Geburt. Und das ist in Hollywood meist ein ganz schlechtes Omen. Aber eben nur meist. Bisweilen entsteht aus Chaos auch Grosses – siehe «Gone with the Wind» und «Apokalypse
Now» als prominenteste Beispiele. Und mitunter immerhin Ordentliches – siehe «The Fountain» und «Valkyrie» als jüngere Beispiele. Es bestand also noch Hoffnung für Marc Forsters und Brad Pitts
«World War Z», als nach und nach allerhand
Unschönes über die Entstehung der Grossproduktion publik wurde: Von Budgetüberschreitungen war die Rede, von umfassenden Nachdrehs, Skriptrevisionen, Richtungsstreitereien, Locationwechseln,
Personalrochaden, Starverschiebungen und einem Zwist zwischen dem Regisseur und seinem Star und Produzenten. Selbst für Skurriles hatte es Platz in der zur Saga um die Adaption von Max Brooks‘
gleichnamigem Buch: Im Oktober 2011 beschlagnahmte eine ungarische Anti-Terror-Einheit öffentlichkeitswirksam 85 Waffen, die von der «World War Z»-Requisite ungenügend entschärft worden waren.
Wie ein Pfeifen im Walde mutete es da an, als Marc Forster später darauf beharrte, er habe «eine gute Zeit» gehabt bei der Realisierung seines bislang grössten Projekts.
Schick frisierter Edelmann
Was Forster dabei ursprünglich vorschwebte, war ein «Blockbuster-Film mit Substanz». Und auch Brad Pitt war fasziniert vom «geopolitischen Aspekt» der Vorlage des Sohns von Mel Brooks. Das Studio
wiederum war höchst angetan vom seriellen Potenzial von «World War Z»: von der Idee einer Franchise mit Superstar Brad Pitt. Was nun vorgestellt wird, hat zwar wenig mit der Vorlage zu tun, nicht
viel Substanz, kaum geopolitische Aspekte und kein zwingendes serielles Potenzial – kurzum: Es ist ein Zombie-Film für Zombie-Film-Fans. Doch es ist weit besser, als zu befürchten stand, und dem
Vernehmen nach immerhin näher an den einstigen Intentionen als die erste Schnittfassung. Box-Office-Zahlen aus den USA deuten nun sogar auf einen Hit hin, sodass ein zweiter Teil offenbar wieder
ernsthaft ins Auge gefasst wird. Die Kombination von «World War Z» ist ja auch unschlagbar: Untote und Endzeit. Mehr im Kino-Trend kann man nicht liegen. Und das Ganze liegt zudem in einer Form
vor, die eine optimale Marktabdeckung verspricht: nicht zu blutig, damit auch die Jüngeren reindürfen, und in 3-D, um die besonders danach lechzenden Riesenmassen in China, Brasilien und Russland
abzuholen. Und dann ist da natürlich noch Brad Pitt: als edler Ritter mit wehendem blondem Schopf auf wagemutiger Weltrettungsmission – und als Göttergatte und Traumpapa, als den man ihn im
heimischen Idyll beim Pfannkuchen-Backen kennenlernt, nachdem der knackige Vorspann von der Hölle da draussen berichtet hat. Bald ist indes auch dieses Paradies von Gerry (Pitt) und Karin
(Mireille Enos) verloren. Denn schon in zwölf Städten habe es diese Tollwutausbrüche gegeben, erfahren sie aus dem Autoradio – und nur Sekunden darauf am eigenen Leib, dass jetzt auch
Philadelphia verseucht ist. Das ist aber nur folgerichtig, schwadroniert der Filmtitel doch etwas von «World War»; und wofür das «Z» daselbst steht, ist dann auch gleich klar: Zombies!
Der Ball der Monster
Warum die Menschen weltweit zu Monstern mutieren, wird hier freilich nicht vertieft erörtert. Vielmehr veranstaltet Forster für den früheren Weltklasse-UNO-Ermittler Gerry einen klassischen
Hindernisparcours von Philadelphia über New Jersey in den Atlantik bis nach Südkorea, Jerusalem und Cardiff. Unter gerne wolkenverhangenem Himmel kreuzen dabei Riesenhorden von Untoten seinen
Weg, während die eigentlich todernste Story mitunter pausiert oder im Mittelteil einen völlig unmotivierten Ausflug ins Comichafte unternimmt. Die Action wird derweil hochgefahren, wobei Forster
diesmal eine solide Figur macht und jedenfalls eine bessere als beim James-Bond-Rohrkrepierer «Quantum of Solace». Aus der 3-D-Technik hätte man zwar mehr herausholen können, und geschnitten ist
das erneut nicht ideal; aber dafür ist die von Forster verbreitete Weltuntergangsstimmung überaus dicht und die internationale Besetzung mit Moritz Bleibtreu, Pierfrancesco Favini und der
israelischen Newcomerin Daniella Kertesz recht spannend. Seine turbulente Entstehungsgeschichte schliesslich sieht man dem Film allenfalls im eher abrupten Finale an. Was den Rest dieses
Zweistünders angeht, so läuft alles dermassen konventionell nach Schema F und wirkungsvoll wie am Schnürchen, als sei es eine flüssig gefertigte XXL-Folge von «The Walking Dead».