O du peinliche, o du schmalzige

Schade um die tollen Stars: Die deutsche Ensemblekomödie «Alles ist Liebe» eifert schamlos englischsprachigen Vorbildern nach und hechelt dabei selbst formelhaftester Dutzendware hinterher.

 

von Sandro Danilo Spadini

«Was wäre denn, wenn wir einfach wieder an den Weihnachtsmann glaubten?», wird im Vorspann zur deutschen Ensemblekomödie «Alles ist Liebe» gefragt. 120 Minuten später – oder eigentlich schon weit früher – lässt sich darauf immerhin das erwidern: Also wenn es denn so ausschaut wie in dem Film von Markus Goller («Frau Ella»), dann lieber nicht; dann kann der Weihnachtsmann bleiben, wo er ist. Denn was wir hier unter den Baum gelegt bekommen, ist bloss billigste Imitatware. So wie die Coverversionen von Popklassikern, über die sich die krisengeschüttelte Kiki (Nora Tschirner) so nervt. Oder der in China gefertigte Nippes, den der geldsorgengeplagte Kerem (Fahri Yardim) auf dem Weihnachtsmarkt verhökert. Oder der falsche Fernseh-Weihnachtsmann, den der lebenstraurige Martin (Elmar Wepper) nach dem plötzlichen Tod des Originals (Bernd Herzsprung) geben muss.

Vorweihnachtsstress in Frankfurt

Sie alle und noch viele mehr schlittern auf dem vorgezeichneten Weg zum Happy End in diesem Remake eines niederländischen Erfolgsfilms als Trübsalblaser und Süssholzraspler von einer Katastrophe in die nächste; und man soll es an dieser Stelle nicht unterschlagen: Es sind da einige ganz tolle Schauspieler(innen) darunter. Etwa diese Nora Tschirner, die mit naturgewaltigem Schalk noch dem übelsten Drehbuch-Rohrkrepierer die Peinlichkeit nimmt, wenn sich ihre Kiki mit der in Hollywood berühmt und eitel gewordenen Jugendliebe (Tom Beck) zofft. Sowieso Heike Makatsch, diese grandiose Charismatikerin, deren Clara jetzt auch noch den Vater verliert, nachdem sie schon vom Mann (so wie immer: Wotan Wilke Möhring) betrogen worden ist. Bestimmt auch Katharina Schüttler als Simone, die von Kerem schon wieder (hoch)schwanger ist und lange nichts vom drohenden finanziellen Ruin weiss. Und schliesslich noch Christian Ulmen, der als freundlicher Betreibungsbeamter eine ähnliche Rolle wie in «Männerherzen» hat und dessen Viktor unmittelbar vor der Hochzeit mit einem depressiven Bestatter (Friedrich Mücke) steht. Vonstatten geht das alles ab dem 21. Dezember in Frankfurt, und «Mainhattan» ist nun mal nicht New York, das vor drei Jahren dem ähnlich gelagerten und ebenso abgeschmackten feiertäglichen Liebesreigen «New Year’s Eve» wenigstens nicht so eine profane Kulisse war. Hollywood-Produktionen sind indes nicht der primäre Referenz- und Orientierungspunkt dieses bei allem Bemühen Hausmannskost bleibenden Versuchs einer deutschen Kino-Grosstat. Das sind vielmehr britische Komödien wie die «Bridget Jones»-Filme und vor allem «Love Actually» – und dies bisweilen bis an die Grenze zum Plagiat. Doch wiewohl dieses Remake einer Kopie derart schamlos seinen Vorbildern nacheifert, hechelt es humor- und einfallsfrei selbst den lieblosesten und formelhaftesten Stangenproduktionen des Genres hoffnungslos hinterher. Ohne Gehör für die eigene wohlige Botschaft nämlich spult das Drehbuch im Höllentempo sämtliche Ensemblefilm-Klischees ab, rattern die Stars nuschelnd die Kalauer runter und brettert die Regie durch ein Standardszenen-Repertoire – was für ein Vorweihnachtsstress!

Rührselig und scheinheilig

Die im Zuge dessen abgesonderten Weisheiten sind dann von diesem Kaliber: «Meine Grossmutter sagte immer: ‹Die Liebe ist alles, was zählt.›» Da kommt man halt schon ins Grübeln, und dank der süssen Kinderlein, die ebenfalls nicht fehlen, wirds einem grad noch besinnlicher ums Herz – haben sich die Verantwortlichen wenigstens gedacht. Und damit das Publikum auch alles korrekt kapiert und das Richtige spürt, wird wie gerne in grossen Kisten made in Germany ein «emotionsgeladener» Signalsong nach dem anderen über das rührselige und scheinheilige Geschehen gebuttert – sodass man am Ende meinen könnte, der Hauptzweck des Films sei Werbung für den Soundtrack gewesen. Dass das Skript von Jane Ainscough («Hanni & Nanni») auch im Finale wieder gleich mehrere Zufälle bar jeder Vernunft benötigt, um zu Potte zu kommen, ist da nur noch egal. Ob es an Fleiss, Zutrauen oder Inspiration gefehlt hat? Es ist jedenfalls kaum etwas da, was weihnachtlich und milde stimmen würde – und schade um all die wunderbaren Stars ist es.