von Sandro Danilo Spadini
Das einzig Gute an diesem Film sei, dass er nach 90 Minuten vorüber sei, liest der einfältige Walter (Zach Braff) seinem toughen Onkel Max (Robert De Niro) im Prolog zur Hollywood-Satire
«The Comeback Trail» aus einer Kritik zu dem von
ihnen beiden produzierten Machwerk «Killer Nuns» vor. Nun, «The Comeback Trail» dauert 100 Minuten – schliesslich müssen am Ende noch die 6 Produzenten, 36 Exekutiv-Produzenten und
17-Co-Exekutiv-Produzenten Erwähnung finden. Aber abgesehen davon kann man das nur unterschreiben: Die meiste Freude bereitet dieser verkochte matschhirnige Brei, wenn der Abspann rollt. Zumal
hier dann noch ein Trailer zu ebendiesem fiktiven Kassengift «Killer Nuns» kommt, und der ist ein bisschen lustig. Ansonsten aber ist das alles bloss zum Weinen, zum Mitleid-Haben und zum
Fremdschämen: ein himmeltrauriges Sparwitz-Festival, in dem sich die drei Oscar-Preisträger Robert De Niro, Morgan Freeman und Tommy Lee Jones ein Stück weiter demontieren, indem sie das
sauglatte Kalb und sich dabei einmal mehr zum Affen machen.
Kein Drive
Immerhin hat «The Comeback Trail» eine relativ gerissene Grundprämisse mit einem gewissen Potenzial: Der besagte Hollywood-Produzent Max Barber (De Niro) heuert den suizidalen Has-Been Duke
Montana (Jones) für ein letztes Hurra in einem pampigen Western an, um ihn während der Dreharbeiten um die Ecke zu bringen und mit der alsdann fälligen Versicherungssumme bei dem cinephilen
Financier-Mobster Reggie Fontaine (Freeman) aus der Tinte zu kommen. Viel einbilden darf sich Regisseur und Co-Drehbuchautor George Gallo auf diese Idee indes nicht, ist das hier doch ein Remake
eines unter dem Radar gelaufenen B-Movies gleichen Titels aus dem Jahr 1982. Und auch sonst gibt es für den Mann, der vor über 30 Jahren mit dem Skript zum Überraschungshit «Midnight Run» sein
einsames Karriere-Highlight feierte, hier nichts, worauf er stolz sein könnte: Sein Film startet ohne Pep, verliert danach an Drive, und zum Schluss geht ihm komplett die Luft aus. Sprich: Nach
dem saft- und kraftlosen ersten Akt im Hollywood des Jahres 1974 gehts nur noch bergab, stolpert das Geschehen runter ans Set in die Wüste New Mexicos, wo der Film ins Repetitive rutscht, was in
der Natur der an die Road-Runner-Cartoons erinnernden Sache liegt, um dann in einem letzten Akt zum Verzweifeln endgültig in den Schlund filmischen Unvermögens zu rasseln. Gallo, der mit dem
Rachethriller «The Vanquish» derzeit einen noch übleren Flop am Start und dem Krimi «The Poison Rose» einen fast so krassen Rohrkrepierer just hinter sich hat, fabriziert hier ein Desaster, das
sich in Zeitlupe entfaltet. Ein bisschen wie ein sich abzeichnender Crash, doch anders als da, wo man vor lauter perverser Neugier die Augen nicht abwenden kann, kullern einem hier Tränen der
cineastischen Empörung aus denselben, oder es fallen einem schlicht die Lider zu; jedenfalls möchte man bald einfach nur noch den Blick abwenden von diesem nie je faszinierenden Scheitern mit
Ansage, auf dass einem das Andenken an De Niro, Freeman und Jones nicht vollends vernichtet wird.
Kein Groove
Freilich trifft die drei Granden nicht allzu viel Schuld an diesem Murks, wiewohl gerade De Niro bisweilen in ermüdendes Chargieren verfällt. Bei ihm ist das eh immer ein bisschen ein Dilemma,
wenn er sich in solchen Schwänken verdingt: Man mag ihm sein komödiantisches Geschick zwar nicht absprechen; und trotzdem wäre es einem unendlich viel lieber, er würde sich doch wieder vermehrt
ernsthafteren Sachen zuwenden – wobei es natürlich auch nicht hilft, dass die Gelegenheiten, die er zum Blödeln ergreift, typischerweise von der ganz albernen Sorte sind. «The Comeback Trail»
indes wäre ja zumindest von der groben Stossrichtung her nicht gänzlich unattraktiv: Ein Film über das Filmemachen – von diesem Ausgangspunkt aus haben Leute wie Billy Wilder, Robert Altman, Tim
Burton, David Lynch, die Coen-Brüder, David Fincher oder Quentin Tarantino immer wieder Unvergessliches geschaffen. Gerade im Fahrwasser von Tarantinos zeitlich ähnlich verortetem «Once upon a
Time... in Hollywood» könnte Gallos Film eigentlich schwimmen, wenn ihm doch nebst einer kohärenten Handlung und knackigen Dialogen nicht auch noch jeglicher Siebzigerjahre-Groove derart abgehen
würde. Und auch mit Barry Sonnenfelds «Get Shorty», dem vielleicht engsten thematischen Verwandten, braucht sich «The Comeback Trail» nicht messen zu wollen; auch das ist dank der subversiven
Vorlage von Elmore Leonard eine ganz andere Liga. Gallos Film hat derweil natürlich auch kaum etwas Erhellendes über Hollywood zu vermelden; vielmehr dringen in dieser Satire, die sich allmählich
zur Farce wandelt und Mal um Mal in blanken Zynismus mündet, eine gewisse Verbitterung und Abrechnungsgelüste durch. Das sind selten gute Voraussetzungen für geselliges Entertainment. Aber das
Hauptproblem dieser angekündigten Katastrophe ist dann doch, dass das einfach nicht lustig ist, dass das einfach nicht originell ist, dass das einfach nur inkompetent ist, weil Gallo nicht einmal
mehr das kleine Einmaleins komödiantischen Schaffens zu beherrschen scheint und jeden seiner Gags schon weit im Voraus hinter dem Vorhang hervorlugen lässt und weil die Slapstick-Einlagen
obendrein geradezu amateurhaft gefilmt sind. Wer weiss: In den Händen eines virileren, formstärkeren Regisseurs hätte es vielleicht noch etwas werden können mit «The Comeback Trail». So aber ist
das bloss ein neuer Tiefpunkt für sämtliche Beteiligten.