Es ist schon so, dass Michael Mann in seiner ruhmreichen Karriere gelungenere Filme gedreht hat als «Ali». Und dass diese mittlerweile 20 Jahre alte Sportlerbiografie eine recht zähe und aufgrund ihrer historischen Gewissenhaftigkeit
im Grossen und Ganzen ziemlich kopflastige Angelegenheit ist – das kann man durchaus so stehen lassen. Umgekehrt aber war dieser Grossmeister seines Fachs, dem wir Meilensteine wie «Heat», «The
Insider» und «Collateral» verdanken, nie besser als in den Schlussminuten von «Ali»: in der Inszenierung des «Rumble in the Jungle» also, des Weltmeisterschaftskampfs zwischen den Schwergewichten
Muhammad Ali und George Foreman vom 30. Oktober 1974 in Kinshasa um drei Uhr morgens Ortszeit vor 100'000 ekstatischen Zuschauern, der nach einhelliger Historikermeinung als bedeutendstes
Sportereignis aller Zeiten gilt.
Dass diese letzten rund zehn Minuten eine solch wuchtige Wirkung entfalten, hat natürlich eine Menge damit zu tun, dass Mann und sein überragender Hauptdarsteller Will Smith in den
vorangegangenen zweieinviertel Stunden viel Energie darauf verwendet haben, dieses kommende Ereignis mit Bedeutung aufzuladen. Doch die schiere Brillanz, die im zairischen Nachthimmel funkelt,
wenn sich diese Spannung entlädt, dieses emotionale Erdbeben, das Mann auslöst, als der ewig tänzelnde und gleichsam abwesend wirkende Ali den trägen und zusehends müden Koloss Foreman in die
Knie und endlich auf die Bretter zwingt – auf das war man dann doch nicht wirklich vorbereitet. Denn was Mann in diese letzten Runden seines Filmkampfs packt – die sporthistorische, die
politische und die persönliche Bedeutung dieses Dramas, dieses in den letzten Zügen errungenen, in nobler Weise die Würde des Verlierers bewahrenden Triumphs, die auf dem Zahnfleisch kriechende
Tragik, die an Besinnungslosigkeit grenzende Erschöpfung –, das ist unendlich berührend, unfassbar erschütternd, das ist nichts weniger als magisch, und das ist der Grund, warum wir ins Kino
gehen. Und folgerichtig ist es ja grad auch, dass Mann dem wichtigsten Ereignis der Sportgeschichte die womöglich besten Momente der Sportfilmgeschichte hat angedeihen lassen.