Your job is to get your audience to care about your obsessions.
Martin Scorsese
Eigentlich ist das ja nicht sympathisch: dass da zwei seit 26 Jahren eine Affäre pflegen, obwohl sie doch so glücklich verheiratet sind und vorgeben, ihre Ehepartner über alles zu lieben. Und
trotzdem ist es schlechterdings unmöglich, den Buchhalter George (Alan Alda) aus New Jersey und die Hausfrau Doris (Ellen Bursytn) aus Oakland für das zu verdammen, was sie da jeweils genau
einmal im Jahr ein Wochenende lang in diesem schmucken Inn an der Küste des kalifornischen Mendocino County tun. Angefangen hat alles 1951: Sie hatten sich an der Bar kennen gelernt, hatten
ungelenken Sex auf dem Zimmer und danach ein mörderisch schlechtes Gewissen. Mitte zwanzig waren sie damals, und wiewohl sie sich stark, ja fast magisch voneinander angezogen fühlten, war da
schon klar, dass sie ihre Partner nie verlassen würden. Im 5-Jahres-Rhythmus treffen wir George und Doris sodann wieder in Robert Mulligans kammerspielhafter, vierfach Oscar-nominierter
Liebeskomödie aus dem Jahr 1978, die auf dem gefeierten Bühnenstück von Bernard Slade basiert. Wie sich die USA in dieser Zeit wandeln, verändern sich auch sie im Laufe der Jahre immer wieder
massiv: hin zum Konservativen, dann wieder zum Freigeistigen. Auch ihre Beziehung ist im Fluss: Der Sex rückt allmählich in den Hintergrund; die Erzählungen über das Leben und über ihre Lieben
stehen bald im Zentrum. Was indes bleibt, ist diese Vertrautheit, diese Zuneigung, diese alles überdauernde Liebe.
Knapp zwei Stunden dauert «Same Time, Next
Year» – und zwei ganze Leben haben gleichsam darin Platz, wiewohl man sie nur in Erzählungen miterlebt, aus zweiter Hand sozusagen. Die Dialoge des kürzlich verstorbenen kanadischen
Bühnenautors Bernard Slade jedoch sind derart spritzig und ihr Vortrag durch Alda und Burstyn dermassen lebendig, dass man durchaus meint, live dabei zu sein, als George zum vierten Mal Vater
wird, er im Beruf reüssiert, Goldwater wählt, um seinen in Vietnam gefallenen Sohn trauert, dem Mammon abschwört, Barpianist wird und seine Frau verliert. Oder als Doris ihrem viel zu gutherzigen
Gatten auch in der Pleite beisteht, sie dann doch aus dem Ehegefängnis ausbricht, Hippie wird, Grossmutter wird, mit der Frauenbewegung zur erfolgreichen Geschäftsfrau avanciert und endlich ihren
Ruhestand geniesst. Wie diese beiden Liebenden sich wandeln und wachsen, wie sie sich auch dann noch nahe sind, wenn sie sich scheinbar voneinander entfernen, wie sie sich im anderen immer wieder
– alljährlich! – verlieren, auch wenn sie sich aneinander reiben: Das ist nicht nur grosses Theater, es ist in der Version des auf humanistische Stoffe spezialisierten Robert Mulligan («To Kill a
Mockingbird») eben auch grosses Kino – ein Film voller Zartheit und Humor, voller Schmerz und Menschlichkeit, voller Intelligenz und Gefühle.
Es gibt da diese hübsche Geschichte hinter dem Regiedebüt von Billy Bob Thornton, das ihm 1997 den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch und eine Nominierung als bester Hauptdarsteller
eingebracht hat. Kein Geringerer als Billy Wilder soll es gewesen sein, der dem jungen Kellner Thornton an einer Cocktailparty geraten hat, er solle doch ein seine speziellen Qualitäten
betonendes Drehbuch für sich selbst schreiben, weil er eh zu hässlich sei, um es als Schauspieler zu packen. Der bissige österreichische Regiegott mochte sich später zwar nicht mehr an das
Gespräch erinnern, fand es aber leiwand, dass der junge Herr seinen Ratschlag offenbar befolgt hatte, und lud ihn zu sich heim ein. Was auch immer Wilder und Thornton da wiederum besprochen
haben: Allzu viel kann beim Texaner freilich nicht haften geblieben sein – «Sling Blade» sollte jedenfalls nicht nur Thorntons erster grosser Regiewurf gewesen sein, sondern auch sein letzter.
Adaptiert hat Thornton dieses Drama von seinem eigenen Ein-Mann-Theaterstück, das er bereits über ein Jahrzehnt zuvor erstmals aufgeführt hatte und das auch bereits in Form eines Kurzfilms
realisiert worden war. In behutsamem Tempo und in langen Einstellungen, quasi auf Zehenspitzen und mit viel Fingerspitzengefühl, erzählt es von Karl Childers, einem geistig zurückgebliebenen Mann
mittleren Alters, der als 12-Jähriger seine Mutter und deren Liebhaber mit einer Rasenmäherklinge («sling blade») umgebracht hat und seither in Arkansas in einer Psychiatrischen Anstalt für
Straftäter sein Dasein fristet. Als er auf freien Fuss gesetzt wird, kehrt er in die wirtschaftlich gebeutelte und auch sonst eher trostlose Kleinstadt seiner Kindheit zurück: ohne Geld und ohne
einen Ort zum Wohnen. Was ihn in seiner Heimat erwartet, ist dann aber eine bemerkenswert vorurteilsfreie Nächstenliebe, die nicht nur in einem Job als Mechaniker mündet, sondern auch in der
Freundschaft mit dem 12-jährigen Frank (Lucas Black), der seine Mutter Linda (Natalie Canerday) überredet, Karl bei ihnen zu Hause willkommen zu heissen. Mit dem Einzug in die Garage kündet sich
allerdings auch bereits das grosse Unheil an, das sodann dezent ominös über dem in Zeitlupe eskalierenden Geschehen hängt: Lindas hinterwäldlerischer Partner Doyle (Countrystar Dwight Yoakam),
ein trunksüchtiger Raufbold, hat es sich vorgenommen, nicht nur dem seiner Meinung nach verweichlichten Frank, sondern jetzt auch dem ihm unheimlichen Karl den Tarif durchzugeben – mit
Psychoterror und notfalls auch mit den Fäusten. Die Katastrophe ist in dieser Parabel um Gut und Böse, dieser so überaus reich mit Witz und Wärme, Schmerz und Schönheit ausgestatteten
Südstaaten-Geschichte mithin programmiert, und trotzdem hält sie einen jederzeit bei der Stange, ja bisweilen gar in Atem: dank einer überragenden Performance nicht nur, aber zuvörderst von Billy
Bob Thornton und einer Paradeleistung des «Southern Storytelling», wie es die «Washington Post» genannt hat.
Sich mit einem Oscar-Gewinner vergleichen und womöglich messen lassen zu müssen, ist natürlich ein dickes Brett. Aber Regisseur Trey Edward Shults («It Comes at Night») hat sich das ganz allein
selbst zuzuschreiben; er hat es ja nicht nur mit der thematischen, sondern durchaus auch mit der strukturellen Ausrichtung seines Dramas «Waves» förmlich darauf angelegt, dass hier
Parallelen zu Barry Jenkins’ höchstprämiertem Filmkunstwerk «Moonlight» gezogen würden. Angesiedelt im palmenumsäumten ewigen Sommer Südfloridas, erzählt der weit über zweistündige Film von einer
an sich glücklichen, wenn auch nicht ganz durchschnittlichen schwarzen Mittelklassefamilie: Im ersten Teil stehen der 18-jährige talentierte Ringer Tyler (ein Versprechen: Kelvin Harrison Jr.)
und wie eben in «Moonlight» die Frage nach afroamerikanischer Männlichkeit in der Gesellschaft von heute im Fokus; im zweiten Teil dann schwenkt Shults, ein Weisser übrigens, abrupt weg von Tyler
und hin zu dessen Schwester Emily (ein noch grösseres Versprechen: Taylor Russell), die mit der Stiefmutter (Renée Elise Goldsberry) und dem wohlmeinenden, aber überambitionierten Vater (Sterling
K. Brown aus «This Is Us») am Überwinden und Akzeptieren eines traumatischen Erlebnisses laboriert. Diese Episodenstruktur, auch sie gemahnt an Jenkins’ Triumph.
Einen gewaltigen Unterschied zu diesem gibt es dann aber auch noch: nicht etwa ein Mangel an Klasse notabene, sondern die fehlende Anerkennung seitens der Academy. Nicht für einen lumpigen
Goldmann hat diese «Waves» nominiert; selbst Kameramann Drew Daniels ging leer aus, dessen Linse sich in mehreren One-Shot-Sequenzen doch so filigran und bisweilen geradezu schwindelerregend an
die Fersen der hibbeligen Protagonisten heftet. Visuelle Schmankerl wie diese und auch den einen oder anderen eher angeberischen technischen Schnickschnack hat Shults freilich en masse in petto.
Eines der auffälligeren Stilmittel ist dabei der Wechsel des Bildformats mitten im Film – eine zwar nicht übertrieben subtile und auch gar nicht originäre Strategie (zu sehen etwa auch bei Steven
Soderbergh oder in Noah Hawleys Flop «Lucy in the Sky»), aber sehr wohl effizient. Selbiges gilt für den elektronischen Soundtrack von Trent Reznor und Atticus Ross, dem in irre hektischer
Abfolge Songs von Kendrick Lamar über Frank Ocean bis Radiohead untergejubelt werden. Gerade auch diese wenig süffigen Klänge machen «Waves» zu einer sehr jungen und heutigen Angelegenheit.
Zeitlos und universell sind derweil die persönlichen und familiären Dramen, die Freuden und das Leid des Lebens, die Shults seinen Helden aufbürdet – würdevoll und behutsam zwar, klug und
differenziert auch, aber mit einer ungeheuren, fast Oscar-würdigen emotionalen Wirkung.
Das soll mal einer nachmachen: dass eine Generation von Jugendlichen nostalgisch auf eine Epoche blickt, die sie gar nicht erst live miterlebt hat. Eine Sternstunde der Erzähl-, aber auch der
Inszenierungskunst ist das, was die «The Wonder
Years»-Schöpfer Carol Black und Neal Marlens in Zusammenarbeit mit einem halben Heer an Regisseuren und Schreibern da vollbracht haben. Das neu aufgeloderte Sehnen nach der Hippiekultur
mitsamt ihrer Musik ist freilich mitnichten nicht das einzige grosse Verdienst dieser herzerwärmenden, stimmungsvollen, schlicht wunderbaren Serie, die von 1988 bis 1993 in 115 knapp 20-minütigen
Folgen den Teenager Kevin Arnold (Fred Savage) beim Aufwachsen in den späten Sechzigern und frühen Siebzigern in einem kalifornischen Mittelklasse-Vorort begleitet. Als ihr Vermächtnis gelten
auch innovative formale Konzepte wie das Durchbrechen der sogenannten vierten Wand oder die als Icherzähler fungierende erwachsene Version der Hauptfigur, deren sich später auch Hitshows wie «How
I Met Your Mother» bedienen sollten. Und obendrein fungierte sie als Sprungbrett für die Karrieren von Leuten wie Juliette Lewis, Giovanni Ribisi oder David Schwimmer.
Wiewohl der Fokus von «The Wonder Years» die meiste Zeit auf Zwischenmenschlichem liegt, auf Kevins Freundschaft mit dem nerdigen Nachbarsjungen Paul (Josh Saviano), den Rangeleien mit dem
prolligen Bruder Wayne (Jason Hervey), den Versuchen der Annäherung an den knorrigen Vater (Dan Lauria) und über allem dem immer und ewig währenden Schwärmen für seine erste und grösste Liebe
Winnie (Danica McKellar): Ihre vielleicht erinnerungswürdigsten Momente hat die Serie, wenn sie die bewegten politischen und gesellschaftlichen Zeiten in unser Bewusstsein rückt. Das kann ganz
konkret geschehen, etwa in den Diskussionen zwischen der vom Hippie-Zeitgeist beseelten Schwester Karen (Olivia D’Abo) mit dem gutbürgerlichen Rest der Familie oder mit der Thematisierung
einschneidender zeitgeschichtlicher Ereignisse wie der Ermordung Martin Luther Kings; bisweilen passiert das aber auch nur implizit, ist es ein schleichender Prozess, etwa wenn die brave Mutter
(Alley Mills) erste zarte Schritte in Richtung Emanzipation macht. Das sind dann die hintergründigen, eher nachdenklichen Momente, die uns im Schwelgen im nie endenden Sommer, im Träumen zu den
Klängen von Van Morrison, Bob Dylan oder The Byrds kurz innehalten lassen. Und jetzt, da seit dem unvergesslichen Finale auch schon mehr als ein Vierteljahrhundert vergangen ist, geht es einem
als Zuschauer doch gleich wie damals am Ende dem unnachahmlichen Icherzähler, dessen letzte Worte die Erinnerungen an dieses wunderschöne Ereignis namens «The Wonder Years» und die damit
unauslöschlich verbundenen Erinnerungen perfekt fassen: «And the thing is, after all these years, I still look back ... with wonder.»
Der ganz grosse Regiewurf sollte Dennis Hopper nach seinem fulminanten Debüt mit dem Hippie-Monument «Easy Rider» zwar versagt bleiben; unter dem halben Dutzend Filme, die das Enfant terrible
sodann als Regisseur verantwortete, finden sich nebst Desastern wie den komödiantischen Spätwerken «Catchfire» (1990) und «Chasers» (1994) freilich durchaus noch kräftige Kostproben seines
Könnens. Das top besetzte Polizeidrama «Colors» (1988) ist ganz unbestritten eine davon; beim würzig-erotischen Südstaaten-Noir «The Hot Spot» (ebenfalls 1990) sind die Meinungen derweil geteilt – was die Sache aber wie so oft umso
interessanter macht. Während die einen die etwas gelackte Ästhetik und nicht zuletzt die Leistungen der Stars Don Johnson und Virginia Madsen bemängelten, feierten andere Hoppers rauen
Regieansatz und den Film als Ganzes als prächtiges Revival des Fünfzigerjahre-B-Movies. Und selbst unter den Verantwortungsträgern herrschte eine gewisse Zerrissenheit: So mokierte sich Hopper
später etwa über Johnsons komplett aus dem Ruder gelaufene Entourage, und Johnson wiederum fand Hoppers filmemacherischen Ansatz «ein bisschen enttäuschend».
Recht spannend und nicht eben geradlinig ist auch die Entstehung von «The Hot Spot». Bereits in den frühen Sechzigern adaptierte Charles Williams seinen eigenen Roman «Hell Hath No Fury» fürs
Kino; geplant war, dass Robert Mitchum in die Rolle des windigen Herumtreibers Harry Madox schlüpft, der eines schwülen Sommertages in einer texanischen Kleinstadt aufkreuzt, um sich als
Gebrauchtwagenhändler zu verdingen und als Gigolo zu gebärden. Jahre später stolperte dann Hopper über das noch unverfilmte Skript – laut Johnson offenbar zu einem Zeitpunkt, als sich die Crew
schon auf einen Heist-Movie eingestellt hatte, der auf einem Drehbuch von Mike Figgis beruhte. Drei Tage (!) vor Drehbeginn habe Hopper seine Mannschaft dann mit einer recht steilen Planänderung
überrumpelt: Nicht Figgis’ Skript sollte verfilmt werden, sondern eben das von Williams. Zu jedermanns Glück fand Johnson als Star und Lebensversicherung des Films die neue Geschichte mindestens
so spannend – «das war richtiger Noir!» Herausfordernd waren dann indes auch die Dreharbeiten, die vor Ort in der Gegend um Austin und in einem enorm heissen, dunstigen Sommer über die Bühne
gingen. Gerade diese schwitzige Atmosphäre ist es freilich, die «The Hot Spot» seine besondere Note gibt. Das heisst: neben dem grossartigen Jazzsoundtrack, den sonnigen Bildern des Schweizer
Kameramanns Ueli Steiger und den kruden Nebenfiguren, die etwa von einer blutjungen Jennifer Connelly und der «Twin Peaks»- und «Eraserhead»-Ikone Jack Nance verkörpert werden. Sich über
stattliche 130 Minuten ausbreitend und adäquat hitzebedingt bisweilen auch schleppend, ist Hoppers vorletzte Regiearbeit so allen Makeln und Macken zum Trotz ein Film voller erinnerungswürdiger
Szenen: ein sündhaft attraktiv ausschauendes Unikum, dem nicht viel fehlt zu meisterhafter Grösse.
Der Schmäh, dass dieser oder jener Dokumentarfilm spannender, prickelnder, spezieller sei als jeder Hollywood-Streifen, gehört ja zum Standardrepertoire jener, die sich zum genuin Authentischen
hingezogen fühlen und glitzernden cineastischen Träumereien kritisch gegenüberstehen – sowie jener, die auch mal gerne so tun wollen. Und oft genug ist diese Einschätzung nichts weiter als
grossspuriges Wunschdenken, gegen den Mainstream strebende Intellektuellen-Hochstapelei sozusagen. Dann aber kommt etwas wie «Three Identical Strangers» dahergeschlichen: ein ebenso faszinierendes wie intelligentes Wunderwerk, perfekt
getimt vom jungen Dokfilmer Tim Wardle, voller Überraschungen, staunenswert und atemberaubend. Und nun ist man halt doch auch versucht, diese ewige Floskel herunterzubeten und vielleicht noch
kaum origineller beizufügen, dass das Leben halt die besten Geschichten schreibe. Denn diese hier, die ist schlicht zu unglaublich, zu surreal geradezu, als dass sie erfunden sein könnte. An
ihrem Anfang steht der für den 19-jährigen Bobby Shafran von Grund auf seltsame erste Tag an einem New Yorker College im Jahr 1980. Obwohl er noch nie zuvor dort gewesen ist, scheint ihn jeder zu
kennen. Wie sich dann jedoch herausstellt, liegt eine Verwechslung vor: Bobby hat einen Zwillingsbruder, der wie er selbst adoptiert worden ist. Die Zusammenführung der beiden ist ein derart
grosses Ding, dass sogar die lokale Presse darüber berichtet. Und damit erfährt die ohnehin schon stupende Geschichte dann jene Pointe, die sie vollends ins Reich des Unfassbaren kippt: Es meldet
sich ein paar Monate später noch ein weiterer junger Mann, der identisch ausschaut und als Baby von derselben Adoptionsagentur an seine Pflegeeltern vermittelt worden ist.
Es wird dies freilich nicht die letzte Pointe bleiben. Denn nachdem die «drei identischen Fremden» mit Verspätung zur naturgemässen unzertrennlichen und verschworenen Einheit zusammengewachsen
sind und es mit Talkshow-Auftritten und gar einem Cameo im Madonna-Film «Desperately Seeking Susan» zu nationaler Prominenz gebracht haben, nimmt die Story eine Wendung ins Mysteriöse, ins
Verschwörerische und endlich ins Schockierende; die überschäumende Heiterkeit weicht allmählich einer latenten Düsternis, eine zunächst noch namenlose Tragik verdrängt die Komik des Absurden, und
der Film wendet sich nach der Party mit detektivischem Eifer und wissenschaftlicher Expertise schliesslich etwas völlig anderem zu: der ewigen psychologischen Debatte «Nature versus Nurture»,
also der Frage, ob das Verhalten eines Menschen durch seine Gene vorbestimmt ist oder ob es von seiner Umwelt, seiner Erziehung und dem Milieu, in dem er aufwächst, geprägt wird. Das ist nun
natürlich ein komplett anderer Film. Was jedoch gleich bleibt: Man mag kaum glauben, was man da sieht und hört. Und man kann sich einfach nicht davon abwenden. Das ist, verzeihen Sie, tatsächlich
unendlich viel besser als so mancher Hollywood-Film.
Mehr als 30 Jahre nach seinem Tod ist Roy Cohn tatsächlich wieder viel zu präsent – ist der New Yorker Anwalt mit lausigem Leumund und katastrophalem Charakter quasi wiedergekehrt aus der
wohlverdienten Hölle, um gerade auch in Film und Fernsehen wieder namenlosen Schrecken zu verbreiten. In der Doku «Where’s My Roy Cohn?» lassen sich die Tiraden und Tricksereien dieses in einer
nachgerade atemberaubenden Absolultheit niederträchtigen, schlicht grundschlechten Gesellen ungefiltert im O-Ton erleben – seine perfiden Verhöre an der Seite des trunksüchtigen Kommunistenjägers
Joseph McCarthy etwa oder seine hinterfotzigen Winkelzüge im Dienste von Kundschaft wie dem Mafioso John Gotti. In der dritten Staffel von «The Good Fight» derweil taucht diese Ikone der
Erzkonservativen, dieser heimlich schwule Schwulenfeind, dieser latent antisemitische Jude, der seine Klienten und den verteufelten Staat immer wieder linkte, in den schwelgerischen Erzählungen
und polternden Auftritten seines flamboyanten fiktiven Protegés und Alter Egos Roland Blum (Michael Sheen) prominent auf; eine Folge heisst sogar «The One Inspired by Roy Cohn». Das Fernsehen
suchte Cohn freilich schon früher mehrfach heim: In Mike Nichols’ HBO-Miniserie «Angels in America» (2003), der Adaption des vielfach prämierten Theaterstücks von Tony Kushner, schlüpfte Al
Pacino in die Rolle des an Aids sterbenden Cohn, der vor Selbsthass zerfressen seine Krankheit verleugnet und in seinen letzten Tagen vom Geist der von ihm auf den elektrischen Stuhl gebrachten
mutmasslichen Sowjet-Spionin Ethel Rosenberg (Meryl Streep) besucht wird. Und wiederum elf Jahre davor war es James Woods, der im TV-Biopic «Citizen Cohn» einen Roy Cohn gab, dem es nachgerade
diabolische Freude machte, Hass zu verbreiten und Existenzen zu ruinieren.
Inszeniert wurde «Citizen Cohn» mit Frank Pierson von einem Mann, der sich seine grössten Verdienste um die bewegten Bilder nicht so sehr auf dem Regiestuhl erwarb als vielmehr im Verfassen der
Skripts zum Paul-Newman-Klassiker «Cool Hand Luke», zu Sidney Lumets «Dog Day Afternoon» oder zu Alan J. Pakulas «Presumed Innocent» sowie bis zu seinem Tod im Jahr 2012 als Produzent von «Mad
Men». Und in der Tat: Man sieht es seinem Cohn-Biopic durchaus an, dass an ihm kein Regiegott verloren gegangen ist. Und man sieht es ihm ebenso an, dass das ein Werk für das finanziell und
künstlerisch noch nicht derart potente Fernsehen der Neunzigerjahre war. Nichtsdestotrotz ist das eine sehr wohl erhellende Sache: ein faszinierendes Stück Zeitgeschichte über einen Mann, der
buchstäblich alles tut, um zu gewinnen, der schliesslich aber nicht nur seine Anwaltszulassung verliert, sondern auch ein gutes Stück seiner Würde und – wiewohl er bei der Therapie seiner
HIV-Erkrankung eine unverdiente Vorzugsbehandlung auf Geheiss seines Kumpanen Ronald Reagan erfährt – viele seiner illustren Freunde. Und von leider aktueller Bedeutung ist dieser Film, in dem
James Woods die vielleicht beste Leistung seiner Karriere zeigt, ohnehin allemal. Zumal der Geist von Roy Cohn in diesen himmeltraurigen Zeiten gerade die Welt terrorisiert und weitertobt in
einem Monster, das es ohne ihn so kaum gäbe: seinem Ziehsohn Donald Trump, der das viele, was er über das Lügen und Betrügen weiss, zu einem grossen Teil von seinem früheren Anwalt und Freund
gelernt hat. Trump ist gleichsam die ultimative Rache des Roy Cohn, ein letzter langer Stinkefinger an seine Feinde, sein lautestes «Fuck you» in die Welt hinaus. Machen wir uns also nichts vor:
Roy Cohn hat am Ende doch gewonnen.
Jimmie Fails (er selbst) ist rettungslos verliebt – nicht in eine Frau freilich und auch nicht in einen Mann. Sondern in ein Haus. Das Haus seiner Jugend. Viktorianischer Stil, gelegen im
gentrifizierten Fillmore District in San Francisco, in der Nähe der Golden Gate Bridge. Und vor allem: erbaut von seinem Grossvater anno 1946, «dem ersten schwarzen Mann in San Francisco». So
erzählt es Jimmie jedem, der es hören will – wie sein bester Freund Mont (Jonathan Majors), ein feingeistiger Hobby-Drehbuchautor, oder dessen Grossvater Allen (Danny Glover), bei dem die beiden
wohnen. Und auch denen, die nichts davon wissen wollen – wie dieser dampfplaudernde Tourguide auf seinem affigen Segway oder auch das ältere weisse Paar, das jetzt in dem Haus wohnt und sich
jeweils tierisch nervt, wenn Jimmie mal wieder ungefragt mit einem Eimer Farbe vorbeikommt und seine sträflich vernachlässigte grosse Liebe ein wenig aufhübscht. Eines sonnigen Tages indes steht
ein Umzugswagen vor seinem Sehnsuchtsort; und jetzt sieht Jimmie die Stunde gekommen. Zusammen mit Mont zieht er flugs in das noch nicht zum Verkauf ausgeschriebene Haus ein und stattet es mit
den ursprünglichen Möbeln aus. Sein Glück ist vollkommen – aber natürlich nicht von Dauer.
Mit «The Last Black Man in San Francisco» hat
der – weisse – Regisseur Joe Talbot die Geschichte seines Jugendfreunds Jimmie Fails verfilmt und dabei ein ganz ausserordentliches Debüt hingelegt. Es ist eine Geschichte über das wohl wichtige,
wenngleich nicht eben filmtaugliche Thema Gentrifizierung. Es ist aber auch und vor allen Dingen eine Geschichte über Identität und Verwurzelung. Über Vergänglichkeit und Entwurzelung. Über das,
was sich festzuhalten lohnt, und das, was man loslassen muss. Es ist am Ende des Tages eine Geschichte über Heimat oder unser Konzept davon. Zumindest zu Beginn indes ist das mitnichten eine
wütende Angelegenheit. Jimmie und Mont sind friedliche Zeitgenossen, ein bisschen Träumer vielleicht, California Dreamers halt. Und ihr Dasein am Rande der Gesellschaft und der schönen Stadt
packt Talbot –bevor sich das Ganze endlich doch noch in eine Klage, eine von emotionalen Eruptionen begleitete Anklage auswächst – in eine berückend poetische Melancholie, die in soften Bildern
und gerne in Zeitlupe auf einen gleichsam magischen Realismus trifft, wenn sich Jimmie abermals mit seinem Skateboard zu einen Streifzug durch die Stadt aufmacht, seine Stadt, die nicht mehr die
Stadt seiner Kindheit ist, in der immer alles im Fluss ist, die sich stetig verändert, schneller und schneller, die rausgeputzt und entgiftet wird, jetzt, wo die reichen Weissen kommen – und in
der kein Platz mehr ist für Leute wie ihn, einfache Leute und, ja, schwarze Leute. Jimmie jedoch will bleiben, hierbleiben, ausharren, seine Stadt, SEINE Stadt verteidigen. Nicht wie sein Vater,
seine Mutter, seine Tante, die sich vertreiben, in die Peripherie haben verdrängen lassen. Er will seinen Anspruch, sein geburt- und gottgegebenes Recht auf diese verdammte Stadt geltend machen,
auch wenn ihn das alles ankotzt, auch wenn er sein San Francisco bald nicht mehr wiedererkennt, auch wenn seine Liebe für sie bisweilen in Hass umschlägt und selbst wenn er das Haus seiner Jugend
und seiner Träume nicht haben kann. Er will der letzte schwarze Mann in San Francisco sein.
Dieses mexikanische Caper-Movie gewann 2018 in Berlin den Silbernen Bären für das beste Drehbuch. Und wiewohl die Story bei Weitem nicht alles ist, was für «Museo» spricht: Sie ist in der Tat die Trumpfkarte
dieses über zweistündigen verrückten Trips, der eher lose auf einem spektakulären Museumsraub im Jahr 1985 beruht. Das fängt schon bei der initialen Einblendung an: Das Folgende sei eine
Nachbildung wahrer Ereignisse, informiert uns da Regisseur Alonso Ruizpalacios – und holt sich so gleich mal den Freifahrtschein dafür ab, hier eine Räuberpistole vom Stapel zu lassen, die er
sich nicht von so etwas Profanem wie der Wahrheit ruinieren lassen will. Nicht zuletzt seine beiden Hauptfiguren, denen er all ihren Unzulänglichkeiten zum Trotz eine schöne Menge Zuneigung
entgegenbringt, entspringen so auch grösstenteils seiner Imagination.
Der überdrehte Juan (Gael Garcia Bernal) und der linkisch-scheue Wilson (Leonardo Ortizgris) haben schon zu Filmbeginn längst diesen steilen Plan gefasst und ausgetüftelt: am Weihnachstabend aus
dem Nationalmuseum für Anthropologie in Mexiko-Stadt einen Haufen unbezahlbarer Artefakte etwa aus der Maya-Kultur zu stehlen, in deren Besitz das Museum ihrer Meinung nach sowieso nicht sollte.
Womit die beiden Studenten indes nicht gerechnet haben: welch nachgerade hysterischen Aufruhr ihr Coup erzeugen wird, der als Attacke auf das ganze Land taxiert wird. Und ebenfalls nicht ganz zu
Ende gedacht haben sie die Sache mit der Monetarisierung: Wer, bitte schön, soll denn diese berüchtigten Stücke nun kaufen? Die Suche nach einem Käufer wächst sich dann zu einer regelrechten
Odyssee voller Pleiten, Pech und Pannen aus, auf der nicht nur die Freundschaft der beiden auf manche Probe gestellt wird; mehr und mehr wird in Rückblenden und Gesprächen auch die tragische
Hintergrundgeschichte Juans aufgerollt. Vor allem aber nutzt Ruizpalacios diese Tour durch Mexiko, die zunehmend ins Absurde und Bizarre abdriftet, für allerhand Kabinettstückchen visueller Natur
und humoristische Schmankerln. Und am Ende dieses langen Abenteuers sind dann nicht nur die Protagonisten erschöpft, sondern auch wir. Es ist freilich jene wohlige Müdigkeit, die man empfindet,
wenn man erlebnisreiche und ereignisvolle Zeiten hat durchleben dürfen.
Ein allzu glückliches Händchen bei der Rollenwahl hat Johnny Depp in den letzten rund zehn Jahren weiss Gott nicht bewiesen. Neben ein paar Gastauftritten, einem weiteren «Pirates»-Aufguss und
weiterer typischer Kindereien sowie der hochklassigen Mafiabiografie «Black Mass» leistete er sich eine höchst stattliche Anzahl monumentaler künstlerischer wie kassentechnischer Flops: von «Lone
Ranger» über «Mortdecai» bis «London Fields». Umso unglücklicher ist es, dass einer seiner raren Lichtblicke noch vor Kinostart auf unbestimmte Zeit in die Versenkung verbannt wurde: In Brad
Furmans Thriller «City of Lies» wird nicht
nur auf überaus kompetente Weise eine saftige Verschwörungstheorie zur Ermordung des Hip-Hop-Stars Notorious B.I.G. im Jahre 1997 gesponnen; Depp zeigt darin in der Rolle des LAPD-Detective, der
den Fall auch nach seiner Entlassung aus dem Dienst nicht ruhen lassen kann, überdies eine seiner besten Leistungen der letzten Zeit. Leider aber soll sich Depp am Set von einer weniger guten
Seite präsentiert haben: Bei einem Disput mit einem Crewmitglieder soll ihm mehrmals die Hand ausgerutscht sein, worauf das mutmassliche Opfer Klage nicht nur gegen Depp, sondern auch gegen
Furman und die Produktionsgesellschaft einreichte. Aus Sorge vor schlechter Publicity strich der Verleiher daraufhin recht kurzfristig den für 22. September 2018, den 22. Todestag von
Hip-Hop-Superstar Tupac Shakur, angesetzten Kinostart, ohne je ein Ersatzdatum festzulegen. So zumindest die offizielle Version.
Hinter vorgehaltener Hand (und in durchaus renommierten Blättern) heisst es freilich, die Klage gegen Depp sei nur ein Vorwand. In Tat und Wahrheit seien es jene Parteien, die im Film schwer
belastet werden, die eine Veröffentlichung unterdrückten, nicht zuletzt das Los Angeles Police Department. Eine Verschwörung also um einen Verschwörungsthriller! Wie dem auch sei: In Italien
jedenfalls kam der Film trotzdem ins Kino; die DVD ist mittlerweile auch erschienen. Und so lässt sich nun trotzdem mit eigenen immer wieder verwundert geriebenen Augen bestaunen, was laut
Regisseur Furman und dem Journalisten Randall Sullivan, auf dessen Buch «LAbyrinth» der Film basiert, denn so alles vertuscht und gemauschelt wurde in der Mordsache Notorious B.I.G. Nicht nur von
der Faktenfülle her, sondern bisweilen auch stilistisch angelehnt an Genremeilensteine wie Oliver Stones «JFK» oder Michael Manns «The Insider», erzählt «City of Lies» vom oft einsamen Kampf des
inzwischen pensionierten Polizisten Russell Poole (Depp) und des Journalisten Jack Jackson (Forest Whitaker), die sich fast 20 Jahre nach dem Mord erstmals begegnen und den spektakulären und bis
heute ungeklärten Fall nochmals neu aufrollen. Während Jackson einst der Theorie anhing, die Ermordung stehe im Zusammenhang mit der Ostküste-vs.-Westküste-Hip-Hop-Fehde und sei eine Vergeltung
für den gewaltsamen Tod Tupac Shakurs, verfolgt Poole seit je eine noch weiter gehende These: Korrupte Beamte des LAPD sollen im Auftrag des Hip-Hop-Produzenten Suge Knight in den frühen
Morgenstunden des 9. März 1997 vier Schüsse auf Christopher Wallace aka Notorious B.I.G. abgegeben haben. Furman schildert dieses Spekulieren und Theorisieren, dieses Buddeln und Ermitteln mit
grossem Respekt für die Fakten und wenig Liebe für Brimborium; und um die Sache noch ein bisschen zu komplizieren und das Publikum weiter zu fordern, tut er das mit einem recht ruppigen Hin und
Her zwischen den beiden Zeitebenen – dies aber immerhin unter Gewährung eines visuellen Hilfsmittels, indem er die Szenen aus den späten Neunzigern gelblich und jene der Nuller grünbläulich
einfärbt. Johnny Depp vertraut beim Zeitenwandel und dem damit einhergehenden Altern seiner Figur derweil ganz auf seine gewiss üppige mimische Begabung. Und das ist vermutlich das grösste
Ereignis in diesem Film, der den aufmerksamen, geduldigen Zuschauer belohnt und sehr wohl als weitere Talentprobe von Regisseur Brad Furman («The Lincoln Lawyer», «The Infiltrator») zu werten
ist.
1995 war ein gutes, ja ein geradezu ideales Jahr für die Lancierung einer Anwaltsserie: Der O.-J-Simpson-Prozess machte die Öffentlichkeit kirre, Fernsehsender wie Court-TV erzielten Traumquoten,
und gewöhnliche Leute ohne jeglichen juristischen Background begannen sich auf einmal brennend für gerade noch als staubtrocken empfundene Prozeduren wie Voruntersuchungen und Geschworenenauswahl
zu interessieren. Umso erstaunlicher mutet es rückblickend an, dass Steven Bochcos meisterhaftes Gerichtsdrama «Murder One» zwar bei Kritik und Branchenverbänden zu reüssieren vermochte, beim Publikum aber recht eigentlich durchfiel.
Schliesslich fuhr der grosse Zampano und Innovator der amerikanischen Serienlandschaft der Achtziger und Neunziger, der Meilensteine wie «Hillstreet Blues», «NYPD Blue» oder auch «L.A. Law»
verantwortete, hier schweres Geschütz auf: Über die Distanz von 23 Folgen liess er von kompetenten und gestandenen TV-Cracks einen spektakulären Mordfall von A bis Z untersuchen, erörtern und
verhandeln – in Zeiten von Netflix und Co. und dem damit ermöglichten Binging vielleicht keine ganz so grosse Sache mehr, damals aber ein wenn nicht revolutionärer, so doch ambitionierter Ansatz,
der das noch nicht dergestalt konditionierte Publikum freilich zu grösster Disziplin und höchster Konzentration zwang und das Verpassen einer Folge quasi zum Dealbreaker machte: eine
Hochrisikowette also auf die Aufmerksamkeitsspanne des amerikanischen TV-Konsumenten. Der Lohn für dieses Wagnis waren Emmy-, Bafta- und Golden-Globe-Nominierungen und ein gewisser Kult- und
Liebhaberstatus – die Strafe bestand in einem Quotenloch, einem Konzept- und einem breit angelegten Personalwechsel für Staffel 2 und endlich der Absetzung nach 41 Folgen im Jahr 1997.
Wiewohl auch die zweite und letzte Staffel noch einiges für sich hatte mit ihren drei voneinander unabhängigen Mordfällen über die Spanne von 18 Folgen – der grosse Wurf ist und bleibt der davor
en détail aufgerollte «Fall Jessica», wie die Serie in hiesigen Gefilden hiess: Die Entdeckung der Leiche einer vergewaltigten 15-jährigen blonden Schönheit löst eine mediale Eruption in
Hollywood aus, nachdem schnell bekannt geworden ist, dass das Opfer sexuelle Beziehungen zu mehreren mächtigen Playern in Tinseltown unterhielt. Gleich zwei von ihnen sind dem Vernehmen nach
Klienten von Staranwalt Teddy Hoffman (Daniel Benzali): der flatterhaft irrlichternde Filmstar-Playboy Neal Avedon (Jason Gedrick), der mit der Minderjährigen seinen Sex-und-Drogen-Lifestyle zu
zelebrieren pflegte, und der undurchsichtige Philanthrop Richard Cross (Stanley Tucci), der mit der Schwester von Jessica liiert ist und als eine Art Mentor (oder Zuhälter?) für das viel zu
frühreife Mädchen fungierte. Beide geraten sie rasch ins Visier des wadenbeisserischen Detective Arthur Polson (Dylan Baker). Doch Teddy Hoffman ist schwer präsent, um zunächst den einen und
sodann den anderen rauszuboxen. Relativ bald jedoch gerät auch die Welt von Hoffman und seiner Edelkanzlei ins Wanken – mysteriöse Vorfälle und brenzlige Kalamitäten, auch im privaten Bereich,
häufen sich, und stets scheint der finstere Richard Cross dabei die Strippen zu ziehen. Am Ende läuft alles auf die Frage hinaus, ob Cross seinem inzwischen angeklagten Freund Avedon tatsächlich
helfen will oder ob er nicht vielmehr gedenkt, ihn an seiner Statt für seine Sünden büssen zu lassen. Dass diese Frage einen über volle 23 wendungsreiche Folgen in Atem hält und in helle
Aufregung zu versetzen vermag, ist schon mal eine Kunst für sich – wofür sich die spektakuläre Besetzung um den nichts weniger als sensationellen Stanley Tucci einen schönen Anteil gutschreiben
lassen darf. Aber dass das mit dieser Bochco-typischen Süffigkeit geschieht, ohne dabei je ins Triviale abzugleiten, und dass das ganze hysterische Ballyhoo, das ein prominent besetztes
Gerichtsverfahren in der Ära des Reality-TV so auslöst, derart umfassend und perspektivenreich dokumentiert wird – das macht «Murder One» nicht nur zu der vielleicht herausragendsten
Errungenschaft dieses vor gut zwei Jahren verstorbenen Grandseigneurs der amerikanischen Serienlandschaft, sondern auch zu einem der bemerkenswertesten und meistunterschätzten TV-Ereignisse der
Neunzigerjahre. Und gut gealtert ist die Serie sowieso. Wie schrieb doch das Branchenblatt «Entertainment Weekly» in einer Würdigung kurz nach Bochcos Tod: «‹Murder One› war seiner Zeit voraus,
passt aber perfekt in unsere heutige.» Und es liesse sich noch anfügen, dass dies obendrein ein prima Beispiel dafür ist, dass schon vor Anbruch des sogenannt goldenen Serienzeitalters in der
Flimmerkiste bisweilen Kinowürdiges zu bestaunen war.
Ein Hauch von «Dallas» weht seit bald zwei Jahren durch Montana und daselbst das monumentale Yellowstone-Anwesen, die nichts weniger als grösste Ranch der USA. Mit eiserner, wiewohl zusehends
zittriger Hand geführt wird sie in sechster Generation von John Dutton (Kevin Costner), einem Patriarchen und Raubtierkapitalisten reinsten Wassers, der sich aufführt, als stünde er noch
breitbeinig in den Reagan-Achtzigern, und nach Gutsherrenart nicht nur Politiker und Beamte korrumpiert und Feinde wie Verbündete zu Manövriermasse degradiert, sondern auch den eigenen Kindern
seinen Willen aufzuzwingen pflegt. Entsprechend kaputt sind diese Dutton-Sprösslinge: der zwar loyale, aber ungeliebte Sohn Jamie (Wes Bentley), der die Familie als Anwalt in allerhand
Rechtshändeln vertritt und politische Ambitionen hegt; die knallharte Tochter Beth (Kelly Reilly), ein allzu trinkfreudiges Luder, das in Sachen Intrigantentum selbst einem J.R. Ewing die Stirn
bieten könnte; und der versehrte und verlorene Lieblingssohn Kayce (Luke), der Benjamin, der erst in den Krieg und sodann ins angrenzende Indianer-Reservat zog, um sich von der Fuchtel des Vaters
zu befreien. Zum Stammpersonal von «Yellowstone», das durchs Band von eher eindimensionalem, funktionellem Charakter ist und aus dem Seifenopern-Handbuch
herausgaloppiert scheint, gesellen sich noch ein nibelungentreuer Ranch-Vorarbeiter (Cole Hauser) sowie ein kalifornischer Milliardär (Danny Huston) und der neue Reservats-Chief (Gil Birmingham),
die Dutton Land und Vieh abluchsen wollen und ihn in einen explosiven Zweifrontenkrieg verwickeln.
Nur insgesamt 19 Folgen umfassen die ersten beiden Staffeln der Neo-Western-Serie «Yellowstone»; die aber haben es gröber in sich und sind nicht nur gespickt mit massenhaft Schiessereien und
Mauscheleien, Machogeblöke und Stutenbissigkeit, sondern auch veredelt von pompösen Produktionsstandards und spektakulären Schauwerten, die vor Ort in Montana und in Utah in feinster Kameraarbeit
eingefangen wurden. Co-kreiert hat die Serie mit Taylor Sheridan ein Kerl, der schon in den meisterhaften Thrillern «Hell or High Water» (Drehbuch) und «Wind River» (auch Regie) ein Faible für
das urwüchsige, naturmächtige Amerika und Westerntraditionen offenbart hat; Sheridan, der in ruralen Gegenden in Texas und Wyoming gelebt hat, verantwortete überdies bei sämtlichen neun Folgen
der ersten Staffel Regie und Skript. Es ist eine raue Welt, die er hier erschaffen hat – und oft genug auch eine verdorbene und gewalttätige, in der Faustrecht herrscht, das Recht des Stärkeren.
Nach bester US-Seifenoper-Art sind hier nicht nur das Dekor und die Schauplätze «larger than life», sondern natürlich auch die Konflikte und Probleme. Diese Mixtur aus Brutalität und Melodrama
wirkt trotz recht strikter Befolgung bewährter Genreformeln auch deshalb überraschend frisch, weil Sheridan seine idealtypisch besetzten Stars im Zaum hält; und sie funktioniert so verblüffend
gut, weil über persönliche Wunden und verlustreiche Grabenkämpfe hinaus auch Fragen gestellt werden, die eine gewisse gesellschaftliche Tragweite haben: über das Bild und den Platz des Cowboys
und mithin des amerikanischsten aller Männer etwa in einer Welt, die sich der Moderne nicht mehr verschliessen kann – und die dies angesichts all der lukrativen Verlockungen, die hinter jedem
Felsen lauern, auch gar nicht länger zu wollen scheint.
Bevor Michael Douglas ein Filmstar und Oscar-Preisträger, bevor er Gordon Gekko war, da war er Inspector Steve Keller vom San Francisco Police Department (SFPD). Und bevor er sich ein Image
machte in seinen Paraderollen als rotsehender Rächer, bumsfideler Bruder Leichtfuss oder stinkreicher Kotzbrocken, da war er also dieser zupackende, aber auch hintersinnige Charmeur, dieser
feixende Cop mit akademischem Background und einem Faible für schnittige Siebzigerjahre-Kluft. Und das nicht weniger als 98-mal und stets loyal an der Seite und bisweilen unter den Fittichen des
knorrigen Lieutenant Mike Stone (Karl Malden). In «The Streets of San Francisco» schauten diese in puncto Herkunft, Bildung, Alter und Attraktivität maximal diversen Partner als durch
Dick und Dünn patrouillierende und oft genug halsbrecherisch rasende Buddys in einer Stadt und einer Zeit zum Rechten, in der das Wort Gentrifizierung noch nicht einmal erfunden war. Das San
Francisco von Stone und Keller, das sind schummrige Bullenbars und suspekte Massagesalons, staubige Polizeiposten und speckige Imbissbuden, explodierende Beziehungskrisen, brandheisses
Bandenpflaster und irrlichternder Politaktivismus. Und dieser nichtsdestotrotz pittoreske Tummelplatz der Jazzer und Junkies, Streuner und Strizzis, Hasardeure und Huren, dieses sonnige
Sammelbecken der Poeten und Punks, Dockers und Dreamers, Trinker und Trickser ist natürlich auch die Bühne für Gaststars von Leslie Nielsen und James Woods über Vera Miles, Arnold Schwarzenegger,
Don Johnson und Tom Selleck bis Nick Nolte und Larry Hagman.
Von 1972 bis 1977 lief «The Streets of San Francisco», und in all der langen Zeit hat sich diese Golden-Globe-nominierte Serie nicht nur an unzähligen Verbrechen gegen Leib und Leben
abgearbeitet, sondern sich auch manchen gesellschaftsrelevanten Themas ihrer Zeit angenommen. Ebendiese sozialkritische Komponente erlaubt es denn auch, sie so ein bisschen als frühen Vorläufer
realistischer Polizeiserien wie «Hillstreet Blues», «NYPD Blue» oder «The Shield» zu würdigen. Zum stattlichen Authentizitätsquotienten beigetragen hat notabene auch, dass Malden und Douglas
zwecks Recherche ordentlich Zeit im SFDP verbrachten und zumeist an Originalschauplätzen in «Frisco», sorry, San Francisco (wie Keller und Stone gerne korrigieren) gedreht wurde. Und das Feeling
für die pulsierende Stadt wiederum, das wurde einem vom feurig-funkigen Jazz-Sound eingepeitscht. Die Langlebigkeit von «The Streets of San Francisco» war also durch mannigfaltige Argumente
abgesichert. Deren mit monumentalem Abstand vornehmstes war freilich die gleichsam magische Chemie zwischen Malden und Douglas – eine vor Herzlichkeit nachgerade überschäumende
Quasi-Vater-Sohn-Beziehung, wie sie unter Bullen nicht alle Tage vorkommt. Schmerzlich evident wurde das just in der fünften und letzten Staffel, als sich Inspector Keller – der bei uns übrigens
Heller hiess, um einer jetzt nicht eben wahrscheinlichen Verwechslung mit Erik Odes deutschem «Kommissar» vorzubeugen – gen Polizeiakademie und Michael Douglas nach Hollywood verabschiedete. An
ihre Stelle trat der sicher fesche, aber gar ungelenke Richard Hatch alias Inspector Dan Robbins – und auch wenn die Drehbücher noch immer auf der Höhe (der Zeit) waren, schwand das Interesse des
Publikums rapide. Michael Douglas holte sich derweil als Produzent von «One Flew over the Cukoo’s Nest» den ersten Oscar und lancierte seine Kinokarriere. Und mit seinem «Mentor» Karl Malden, den
er zutiefst bewundert und geliebt habe, blieb er bis zu dessen Tod im stolzen Alter von 97 Jahren eng verbunden. Alles andere wäre ja auch wirklich schwer zu glauben gewesen.
Solche Filme werden heute ja nicht mehr gemacht: Thriller, die keine revolutionären Ansätze im Köcher und keine gesellschaftlich relevanten Botschaften in petto haben, sondern einfach nur gut und
halbwegs stilvoll unterhalten wollen. Damals in den Neunzigerjahren jedoch, als diese raffinierte und actiongeladene Serienmörderjagd quer durch die USA entstand, hatten solche Streifen
Hochkonjunktur. Und ein Mann wie Jeb Stuart war entsprechend viel beschäftigt: Die Drehbücher zu «Die Hard» und «The Fugitive» hatte er schon verfasst, bevor er sich mit «Switchback» (1997) an seine erste Regiearbeit wagte.
Ins Zentrum stellte er dort den FBI-Agenten Frank LaCrosse (Dennis Quaid), der bei den Ermittlungen zu einem Serienkiller auf die Ersatzbank verwiesen wird, nachdem dieser seinen Sohn entführt
hat. Erwartungsgemäss hat LaCrosse aber nicht vor, dort der Dinge zu harren, und fängt an, auf eigene Faust zu ermitteln. Ein Mord in Amarillo, Texas, bringt ihn schliesslich auf eine
vielversprechende Spur, derweil die beiden Hauptverdächtigen – ein leutseliger Vagabund (Danny Glover) und ein aufgekratzter Anhalter (Jared Leto) – in einem weissen Cadillac durchs Land
kurven.
Nein, «Switchback» hat nicht vor, das Genre neu zu erfinden; und das ist überhaupt kein Problem. Stuart frönt hier vielmehr recht ausgiebig dem Formelhaften; er nutzt diese wohletablierten
Strategien indes als stabiles und grundsolides Fundament – für einen souveränen Plot, der Spannung mit Intelligenz paart, ein sorgfältig ausgearbeitetes Figurenensemble, das gerade auch in den
Nebenrollen mit Charakterköpfen wie Ted Levine oder R. Lee Ermey Freude bereitet, und fulminante Actionsequenzen, die vor atemberaubender Kulisse prächtig in Szene gesetzt sind. In Erinnerung
bleibt zuvörderst das Finale in den Rocky Mountains: ein formvollendetes Gustostückerl des so schmerzhaft vermissten Actionthriller-Kinos der Neunzigerjahre. Gerade aus heutiger Sicht umso
unerklärlicher ist, dass «Switchback» damals zumal in den USA solch miese Kritiken erhielt und die Karriere von Jeb Stuart quasi zum Stillstand brachte. Erst 13 Jahre später, nach einem herben
persönlichen Schicksalsschlag, meldete er sich mit dem Skript und der Regie zu einem Drama noch einmal zu Wort. Ein Erfolg blieb ihm freilich versagt.
Eine Mischung aus «The Shield» und «The Wire» ist diese fantastische französische Kriminal- und Justizserie – also aus nichts weniger als zwei der komplexesten und exzellentesten Monumente der
jüngeren Fernsehgeschichte. Mit «The Shield» hat «Engrenages» gemein, dass es die ermittelnden Polizeibeamten auch hier nicht immer so genau nehmen mit den Vorschriften; ja mehr
noch, dass Capitaine Laure Berthaud (Caroline Proust) und ihre beiden Leutnants Gilou (Thierry Godard) und Tintin (Fred Bianconi) sich wie weiland Detective Vic Mackey und Konsorten sogar selbst
immer wieder auf die düstere Seite treiben lassen und im Sog der Verbrecherjagd in den schattigen Flecken von Paris Gesetze à gogo brechen. Und mit der grossen amerikanischen Erzählung «The Wire»
verbindet das in hiesigen und angelsächsischen Gefilden unter dem Titel «Spiral» gezeigte Drama, dass die Fälle stets von verschiedenen Seite her und aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet
werden; so steht etwa der Palais de Justice geradeso sehr im Brennpunkt des Interesses wie die Strassen von Paris und nehmen die Manöver von Richter François Roban (Philippe Duclos) und der
Anwälte Pierre Clément (Grégory Fitoussi) und Joséphine Karlsson (Audrey Fleurot) ähnlich viel Raum ein wie die Polizeiarbeit, die von den edlen Damen und Herren in den schwarzen Roben bald
begleitet, bald behindert wird. Doch auch diese müssen in dem scheinbar so gepflegt-kultivierten Garten der Intrigen stets auf der Hut sein, nicht von den Mühlen der Justiz zermalmt zu
werden.
76 Folgen von «Engrenages» oder eben «Spiral» sind bislang ausgestrahlt worden – eine schwache oder auch nur eine mittelmässige war nicht dabei. Diese rigorose Qualitätssicherung mag auch darauf
zurückzuführen sein, dass die Macher um die ehemalige Strafverteidigerin Alexandra Clert jeweils ordentlich Zeit verstreichen lassen zwischen den Staffeln. Deren sieben sind in den 15 Jahren seit
der Premiere realisiert worden – jeder von ihnen ist ein eigener wendungsreicher Fall zugeteilt, während im Hintergrund die zusehends chaotischen privaten Verstrickungen und verzwickten
beruflichen Verflechtungen weiterforciert werden. Eine Grosstat ist jede Staffel für sich; alle zusammengenommen, ergibt sich indes ein Panorama in und von Weltformat, das es mit seiner
zeitgeistigen Relevanz, der psychologischen Tiefe und der ungeschminkten Darstellung des Balancierens und Verlorengehens im Nebel des Graubereichs inhaltlich wie auch qualitativ fast mit den
amerikanischen Vorbildern aufnehmen kann. Dies auch deshalb, weil «Engrenages» mindestens so gut gespielt, just so spannend und im Vergleich vielleicht einen Tick zugänglicher ist. Ein
abschliessendes Urteil lässt sich freilich noch nicht fällen: Die Saga um Capitaine Berthaud und Richter Roban ist noch nicht zu Ende erzählt; Staffel 8 soll noch in diesem Jahr ausgestrahlt
werden.
Nichts, wirklich rein gar nichts deutet von aussen darauf hin, dass an diesem Ort am maximal glamourfreien Stadtrand von Nashville schon so manche Weltkarriere lanciert worden ist. Eingepfercht
zwischen einem Coiffeurladen, einem Schmuckreparaturservice und einer chemischen Reinigung steht es seit 1982 stolz und stoisch da, das legendäre Bluebird Café. Und betritt man dieses Lokal mit
seinen mickrigen 90 Sitzplätzen – wenn man es denn endlich einmal gefunden hat und nicht noch ein weiteres Mal an ihm vorbeigefahren ist –, so begrüsst einen erst einmal der rustikale Duft von
Frittier-Öl, in dem über all die Jahre die Pommes und der Backfisch gebrutzelt haben, bevor sie vom phänomenal kompetenten Personal serviert worden sind. Der süsse Geruch mondänen Erfolgs ist das
auch nicht gerade. Doch schliesslich, wenn man den unwirklich spärlichen Obolus entrichtet hat, wird der Blick bald einmal zu dieser Wand hinüberwandern mit all den unterschriebenen
Schwarzweissfotografien, und da stutzt man dann und schluckt leer und reibt sich die Augen: Vince Gill sieht man da; Trisha Yearwood sieht man da; und, um des Country-Gottes willen, Townes Van
Zandt sieht man da! Und ja: Die fünffache Grammy-Gewinnerin Faith Hill wurde hier im Bluebird als Background-Sängerin entdeckt. Garth Brooks gab daselbst eine erste Kostprobe seines Könnens, das
ihn am Ende zum umsatzstärksten Solokünstler des 20. Jahrhunderts in den USA machen sollte. Und dann gab es da noch dieses 14-jährige Mädchen, das Mitte der Nullerjahre im Bluebird Café zu
Nashville aufschlug und alle in ihren Bann zog; ein Mädchen namens Taylor Swift.
Fürwahr: Das Bluebird ist ein geradezu magischer und ein gleichsam kultisch verehrter Ort. Wenn das Ryman im Stadtzentrum von Nashville mit seiner Grand Ole Opry die Kathedrale der
Country-Musik-Superstars ist, so ist das Bluebird die Kapelle der Songwriter-Community: ein unprätentiöser Schuppen für all jene, die die (Country-)Musik lieben und für sie leben. Dieser heute
von der mehr stampfend als schleichend voranschreitenden Gentrifizierung Nashvilles bedrohten Kultstätte ein kleines und feines filmisches Denkmal zu errichten, ist also sicher nicht verkehrt.
Peter Bogdanovich hat es ja bereits in den frühen Neunzigern als Setting für sein Musikerdrama «The Thing Called Love» mit River Phoenix und Sandra Bullock prominent in Szene gesetzt; und zu
ordentlicher Berühmtheit bis über die Grenzen der USA hinaus hat es das Bluebird ab 2012 als einer der zentralen Schauplätze der TV-Serie «Nashville» gebracht – die entsprechenden Touristenströme
haben das Café nicht nur an den Rand seiner Kapazitäten gebracht, sondern auch finanziell über Wasser gehalten. Der Filmemacher und Songwriter Brian A. Loschiavo gibt ihm in seiner Doku «Bluebird» nun freilich die Hauptrolle. Und von Jason
Isbell über Kacey Musgrave bis Sam Hunt kommen sie alle, um dieser dezent versifften Startrampe für aufstrebende Künstler zu huldigen: nicht nur in Interviews und Rückblenden, sondern auch in
einzigartigen und einmaligen Auftritten aus jüngerer Zeit. So singt Garth Brooks seinen ersten und schönsten Hit «The Dance» zusammen mit dessen Komponist Tony Arata; Taylor Swift verzaubert als
Überraschungsgast mit einer herzerwärmenden Version von «Better Man»; und Don Schlitz performt mit anderen alten Songwriter-Haudegen im Viererkreis mitten im Lokal, in jener intimen
Aufführungsform also, für die das Bluebird von Künstlern und Publikum gleichermassen am meisten geliebt wird. Für jeden Country-Fan sind diese Auftritte, von denen es weder physische noch
digitale Tonaufnahmen gibt, natürlich ein Hochgenuss. Doch auch abseits all der Legenden bietet «Bluebird» manche Hörfreuden: wenn etwa die Stars aus «Nashville» um Charles Esten einen der
prägnantesten Songs aus der Serie in einem nachgebauten Studio-Bluebird zum Besten geben oder sich unverschämt talentierte (Noch-)Namenlose bei der sonntagmorgendlichen Vorspielprobe oder der
Open-Mic-Night für höhere Weihen empfehlen. Nur 82 Minuten dauert die Doku, aber nach all den von Herzen kommenden Klängen und ehrfürchtig salbungsvollen Worten hat man dann schon rausgespürt,
was es mit diesem Bluebird auf sich hat.
Eine Verbrecherjagd im Schnee – das mag für die am Dreh Beteiligten nicht gerade ein Schleck sein; für uns daheim in der warmen Stube indes ist das frappant oft ein frostiges Vergnügen. Dass uns bei dieser Art von Filmen regelmässig die Nackenhaare zu Berge stehen, mag atmosphärisch bedingt sein – in so einer weissen Landschaft knistert es halt gleichsam von Natur aus, da hat der Regisseur leichtes oder zumindest leichteres Spiel. Obendrauf aber zeichnen sich nicht eben wenige dieser Schneethriller, wie wir sie mal jovial nennen wollen, auch durch ein Skript mit prickelnder Handlung und originellen Figuren aus. Von «A Simple Plan» bis «Frozen River»; von «The Grey» bis «The Girl with the Dragon Tattoo»; von «Switchback» bis «Deadly Pursuit»; von «Insomnia» bis «The Shining»; von «Transsiberian» bis natürlich «Fargo»: Es schüttelt einen in diesen meister(werk)haften Genrestreifen auch wegen der nie abreissenden Spannung und der cleveren Volten öfters durch.
Zuwachs hat diese Liste unlängst durch Taylor Sheridans Regiezweitling «Wind River» erhalten. Sheridan hatte kurz davor mit den Drehbüchern zu dem in Mexiko spielenden Drogenthriller «Sicario» und vor allem
dem in West Texas angesiedelten Neowestern «Hell or High Water» aufhorchen lassen. Vom Süden hat es ihn hier nun rauf in ein Indianerreservat in Wyoming verschlagen. Und der brutale Winter, der
hier gerade herrscht, ist quasi einer der Hauptakteure: Die Kälte jedenfalls war es letztlich, die die indigene 18-jährige Natalie das junge Leben gekostet hat. Freilich: Eine Lungenblutung
infolge der eisigen Luft, der sie zu lange ausgesetzt war, mag zwar die Todesursache sein; wer wirklich Schuld am Ableben des zuvor verprügelten und vergewaltigten Indianermädchens hat, ist indes
eine ganz andere Frage. Sie zu klären, obliegt der FBI-Agentin Jane Banner (Elizabeth Olsen), die allerdings weder für die klimatischen Bedingungen gewappnet ist noch das nötige soziale Rüstzeug
mitbringt, um sich in dem von Armut, ethnischen Konflikten und sexueller Gewalt verseuchten Reservat zurechtzufinden. Quasi als Kompass zur Seite gestellt wird ihr der Wildhüter Cory Lambert
(Jeremy Renner), der die Leiche auch gefunden hat. Zu den hypnotischen Klängen von Warren Ellis und Nick Cave driften die beiden sodann tiefer und tiefer ab in eine Welt der Gewalt und Drogen,
der jede Hoffnung und Perspektive abhandengekommen ist; und aus dem kommunen Whodunit mit Westernelementen wird über geschickt eingeflochtene Rückblenden allmählich ein bisweilen stilles und
immer intensives humanistisches Kriminaldrama, das einen nie kaltlässt und nicht nur den von Olsen und Renner grandios gespielten Ermittlern das Blut in den Adern gefrieren lässt. Eine komplexe
Figurenzeichnung, ein weitsichtiges Skript, das Gesellschaftsaspekte und Genreansprüche geschmackssicher ausbalanciert, und die sinnige und stimmige Einbettung des Schauplatzes und seiner
Bedingungen in das grausliche Geschehen machen «Wind River» zu einem schauderhaft nachhallenden Trip in eine nicht nur für uns unvertraute, sondern auch sich selber fremd gewordene Welt. Von
Taylor Sheridan kommt als Nächstes die Krimiadaption «Those Who Wish Me Dead» in die Kinos. Es geht hier um einen Teenager, der Zeuge eines Mordes geworden ist und sich nun mithilfe von Angelina
Jolie den Killern zu entziehen versucht. Angesiedelt ist das Ganze in der Wildnis von Montana. Auf Schnee indes darf man nicht hoffen. Den Background bildet vielmehr ein wütender Waldbrand.
Gespannt sind wir trotzdem sehr.
Dieser Fernsehfilm aus dem Jahr 1979 stammt aus der Feder von William Link und Richard Levinson, also jenem umtriebigen Erfolgsduo, dem wir Inspektor Columbo und Jessica Fletcher («Murder, She
Wrote») zu verdanken haben. Eine gewisse Qualität, Raffinesse und Spannung dürfen entsprechend unbedingt vorausgesetzt werden, wenn der erfolgreiche Hellseher Arthur Sinclair (Hal Holbrook) eines
verhängnisvollen und ereignisreichen Abends in seiner Villa in Los Angeles Opfer eines perfiden Mordkomplotts zu werden droht. Dass seine junge Gattin Allison (Katharine Ross) dahintersteckt, ist
für den mit einem schwachen Herzen geschlagenen Arthur natürlich auch nicht gerade ein Aufsteller; und dass sie das Ganze mit ihrem Geliebten (Barry Bostwick) ausgeheckt hat, macht die Sache auch
nicht eben erquicklicher. Aber es kommt dann sogar noch dicker – nicht nur für das designierte Opfer freilich, sondern auch für die intriganten Möchtegernmeuchler im Verlauf dieses überaus
wendungsreichen kammerspielartigen Krimis, der nach guten Kritiken und grosser Publikumspopularität von Link und Levinson später auch noch auf die Bühne gebracht wurde.
Die prominente Autorenschaft ist in diesem Krimispass während der gesamten rund 90 Minuten Spielzeit evident: «Murder by Natural Causes» wirkt in der Tat wie eine überdurchschnittlich clevere «Columbo»-Folge. Aber auch Alfred Hitchcock
und Agatha Christie senden ihre mörderischen Grüsse, wenn dem Publikum abermals ein abgekauter Fingernagel im Halse stecken bleibt ob des nächsten schockierenden Twists im Plot. Das Skript von
Link und Levinson sowie die timingsichere Regie des bewährten Fernsehmanns Robert Day garantieren mit zunehmender Spieldauer aber auch der illustren Besetzung schöne Entfaltungsmöglichkeiten –
die der immer willkommene Hal Holbrook («Into the Wild»), die Kultfilm-Ikone Katharine Ross («The Graduate», «Butch Cassidy and the Sundance Kid», «The Stepford Wives») und gerade auch der
charmant-narzisstische Barry Bostwick (der Bürgermeister aus «Spin City») in der Rolle des verweichlichten erfolglosen Schauspielers Gil prompt zu nutzen wissen. Keine Frage: Unter all den
verborgenen Perlen des seligen Fernsehkrimi-Zeitalters, die der kalifornische Onlineanbieter Modcinema
höchst verdienstvollerweise auf DVD verfügbar macht, funkelt «Murder by Natural Causes» besonders hell.
Zugegeben, der ganz grosse Wurf mag dieser stylishe und nicht unclevere Film noir aus dem B-Fach nicht sein. Und doch gibt es einige, letztlich sogar verblüffend viele triftige Gründe, «The White Orchid» eine Chance zu geben. Da wäre als
Erstes der Schauplatz: die Kleinstadt Morro Bay im San Luis Obispo County im Süden Kaliforniens – ein malerischer Flecken an der Küste zwischen San Francisco und Los Angeles. Perfekt hierhin
passt die fesche Hauptdarstellerin Olivia Thirlby. Den Namen der mittlerweile 33-jährigen New Yorkerin hat man ja eigentlich schon länger auf der Liste, um genau zu sein seit 2007, als sie im
Oscar-prämierten Publikums- und Kritikerhit «Juno» der gewiss nicht zu knapp charismatischen Ellen Page die eine oder andere Szene gestohlen hat. Der Durchbruch wollte Thirlby dann aus was weiss
der Teufel für Gründen freilich ums Verrecken nicht gelingen, sodass es jetzt halt immer eine umso schönere Sache ist, sie in einer ihrer viel zu raren Hauptrollen bestaunen zu dürfen. Und in
Regisseur und Drehbuchautor Steve Anderson hat sie hier jemanden im Boot, der mindestens so vernarrt ist in sie und der sie mithin funkeln und strahlen und leuchten lässt.
Anderson ist offenkundig aber nicht nur ein Olivia-Thirlby-, sondern mehr noch ein grosser Film-noir-Fan – ja er hat sogar das «Humphrey Bogart Estate» und namentlich Bogeys Sohn Stephen dazu
gebracht, seinen Film mitzuproduzieren. Kein Wunder, kommen ein paar selige Erinnerungen an «The Good Sleep» und «The Maltese Falcon» auf, wenn das scheue Mauerblümchen Clair (Thirlby) in ihrer
Funktion als Ermittlerin für das Sozialamt eben in Morro Bay im Fall einer bestialisch ermordeten blonden Femme fatale ermittelt, deren sexuell ausschweifender und geheimnisumwitterter
Lebenswandel sie sofort in Bann schlägt. Mehr noch: Claire ist mit der Zeit regelrecht besessen von der Toten – und damit kommen wir nun zum wirklich entscheidenden Punkt, der für «The White
Orchid» spricht. Denn ausdrücklicher und vor allem auch augenfälliger als die Bogart-Filme dienen Anderson hier drei andere Klassiker als Referenzpunkte, drei der grössten Thriller der
Filmgeschichte notabene: Otto Premingers «Laura», Alfred Hitchcocks «Vertigo» und David Lynchs «Mulholland Dr.». Und auch wenn sein Film die eine oder andere Liga tiefer spielt: Solche Vorbilder
zu haben, zeugt nun mal von gutem Geschmack. Ebenso wie die Wahl des Drehorts und die Besetzung der Hauptrolle. In der Tat also ein paar triftige Trümpfe!
Das nun also ist die deutsch-österreichische Version der dänisch-schwedischen Erfolgsformel von «Broen/Bron»: Anstatt auf einer Brücke oder wie in der famosen englisch-französischen Fassung in
einem Tunnel wird hier die erste Leiche auf einem schneebedeckten Alpenpass gefunden – exakt auf der Grenze. Oder wie Kommissar Winter (Nicholas Ofczarek) grummelt: der Kopf in Deutschland, der
Arsch in Österreich. Und damit hat es sich aber auch schon mit den Parallelen zum Original. Die Geschichte, die nun über acht Folgen hinweg in «Der Pass» erzählt wird, ist eine komplett andere
und spezifisch in der Gegend verwurzelte; und die Figuren wurden ebenfalls neu konzipiert, sind indes eben gerade nicht so sehr von ihrer Herkunft geprägt, sprich: Auf das Ausschlachten von
Klischees im deutsch-österreichischen Spannungsverhältnis wird dankenswerterweise verzichtet, wenn die strebsam freundliche Berchtesgadener Kommissarin Ellie Stocker (Julia Jentsch) den grantig
abgesandelten, von Wien nach Salzburg versetzten Winter zum grenzüberschreitenden Teameffort motivieren möchte. Und am Asperger-Syndrom laboriert auch keiner der beiden.
Was das Duo Cyrill Boss und Philipp Stennert («Die Dasslers») hier geschrieben hat, ist ein starkes Stück Krimigeschichte voller hochaktueller Bezüge etwa auf die Verführungen des
Rechtspopulismus, die Gefahren der sozialen Medien, das Bröckeln der Zivilgesellschaft oder die grenzenlose Macht der digitalen Überwachung – und voller Hochspannung, die auch dann nicht
nachlässt, wenn bereits in Folge 3 die Identität des Serienmörders enthüllt wird, der sich in der folkloristischen Schreckgestalt des Krampus die Bestrafung der sündigen Gesellschaft zur Pflicht
gemacht hat. Und wie sie diesen Reigen von Ritualmorden inszeniert haben, ist eine Sensation: flüssig und ohne Füller, gespenstisch atmosphärisch und von einer düster wuchtigen Bildgewalt, die
einen erschaudern lässt und endlich umhaut. Was «Der Pass» zu einem regelrechten Meisterwerk fast auf einer Stufe mit dem skandinavischen Vorbild macht, sind am Ende dann aber die
beiden mehrdimensional gezeichneten und doppelbödig interagierenden Hauptfiguren mit ihren dicken Rucksäcken und den dunklen Geheimnissen und ihre nichts weniger als magistral agierenden
Darsteller. Die Dreharbeiten zur zweiten Staffel wurden soeben aufgenommen; Julia Jentsch und Nicholas Ofczarek sind offenbar wieder dabei – und das ist das Einzige, was wir wissen müssen, um uns
schon jetzt zu freuen.
Diese Highschool-Komödie ist dermassen smart, dass sie es sogar auf die Jahresbestenliste von Barack Obama geschafft hat. Und weil es mit smart allein noch nicht getan ist, wie hier unsere beiden
Heldinnen recht schnell lernen, sei noch dies gesagt: Zum Schreien lustig ist das Regiedebüt der Schauspielerin Olivia Wilde («House M.D.») auch noch. Ein präsidiales Lob und ein geradezu
universelles von (amerikanischer) Kritikerseite holt man sich freilich nicht ab, wenn man «bloss» auf kluge Art komisch ist – wenn man also wie Wilde in «Booksmart» so clever an den altbewährten
Genreformeln dreht und schraubt, dass sie zwar noch wie eh und je funktionieren, gleichzeitig aber auch frisch wirken. Was es ferner braucht, um es zur Sensation zu bringen, ist Zeitgeist – und
zwar den richtigen, namentlich jenen, der das Inklusive und Progressive in Regenbogenfarben abfeiert und wach oder halt wachsam, «woke» jedenfalls eine Hymne auf die «Diversity» schmettert. Wer
jetzt aber meint, diese beste Coming-of-Age-Komödie der letzten Jahre operiere darob mit Samthandschuhen oder sei gar politisch korrekt, der irrt gewaltig. Vielmehr nimmt sich Wilde hier den
alten Harald-Schmidt-Leitsatz zu Herzen, dass auch Minderheiten ein Recht darauf haben, verarscht zu werden. Die Frage ist einfach, wie man das tut. Und Wilde tut es eben auf die richtige Art,
wenn sie wie die Highschool-Klamotten aus den seligen Achtzigern zwar auch stereotype Figuren, ja absolute Klassiker des Genres paradieren lässt, diesen aber doch den einen entscheidenden Drall
gibt, damit sie nicht auf altbackene und heutzutage nun wirklich nicht mehr zulässige Weise beknackt wirken.
Alles andere als beknackt sind auch die angesprochenen Heldinnen von «Booksmart»: die superschlaue und sehr ehrgeizige übergewichtige Jahrgangssprecherin Molly (Beanie Feldstein) und die ähnlich helle
und fast so eifrige lesbische Entwicklungshelferin in spe Amy (Kaitlyn Deaver). Molly und Amy sind beste Freundinnen wie aus dem Bilderbuch – und zwar nur beste Freundinnen und nicht etwa
«spezielle» Freundinnen, wie Amys Jesus liebende Eltern (Lisa Kudrow und Will Forte) in toleranter Kenntnis der sexuellen Ausrichtung ihrer Tochter meinen. Was Molly und Amy auch sind:
neunmalkluge Nervensägen und ziemliche Langweilerinnen, deren grösster Highschool-Unfug es war, sich einen gefälschten Ausweis zu besorgen – um sich damit in der Bibliothek austoben zu können.
Ein Problem haben die beiden mit ihren ausbaufähigen Popularitätswerten indes nicht, jedenfalls so lange nicht, bis sie merken, dass es auch die Partykids an die Eliteuniversitäten geschafft
haben und dass die ganze Streberei am Ende vielleicht ein bisschen übertrieben war. Und so wollen es Molly und Amy nun, am Abend vor der Diplomfeier und mithin im letztmöglichen Moment, doch noch
wissen und einen draufmachen. Aber wie das eben so ist, wenn zwei Unbedarfte zum Zechen in die Nacht ziehen, sind die Fallstricke nicht weit und die Missgeschicke zahlreich. Und von den
Erwachsenen – dem Lyft fahrenden Rektor (Jason Sudeikis) etwa oder der Teenie-affinen Lieblingslehrerin (Jessica Fine) – sind jetzt auch nicht unbedingt die ganz gescheiten Lebenshilfen zu
erwarten. Zum Glück nicht, kommen so doch letzten Endes nicht nur Molly und Amy in dieser im besten Sinn turbulenten Nacht voll amouröser, narkotischer und verkehrstechnischer Irrungen auf ihre
Kosten, sondern auch wir, die uns eine gewisse Sehnsucht nach Filmen wie «Fast Times at Ridgemont High» oder «Sixteen Candles» umtreibt. Denn was Wilde hier veranstaltet, erinnert doch weit mehr
an diesen irrwitzigen Klamauk von anno domini als an die ungleich brachialeren pubertären Zoten von neuzeitlichen Genreerfolgen wie «Superbad» oder «Project X». Und etwas Wichtiges ist eingangs
noch untergegangen ob all des smarten und witzigen Zeitgeists: Dieser Film, der die Sorgen seiner jungen Heldinnen gebührend ernst nimmt und mit zwei auf wunderbare und wundersame Weise
harmonierenden Miminnen ein dezent feministisches Fest der Freundschaft feiert, hat das Herz am richtigen Fleck. Gut möglich, dass es das war, was Barack Obama am meisten gefallen hat an
«Booksmart».
Früher haben die Europäer geschimpft, dass ihnen die Amerikaner all die grossen Kinoerfolge nachmachten. Heutzutage kopieren sie sich schon selbst. Das Konzept der schwedisch-dänischen Krimiserie
«Bron»/«Broen» etwa wurde mittlerweile schon in fünf andere Grenzgebiete exportiert, das der italienischen Filmkomödie «Perfetti sconosciuti» bereits in sagenhafte neun weitere Länder
verfrachtet, zuletzt nach Deutschland («Das perfekte Geheimnis»). Der spanische Regisseur und Drehbuchautor Oriol Paulo nun darf von sich behaupten, gleich zwei solcher Blaupausen angefertigt zu
haben, beide aus dem Thrillerfach: «El cuerpo» («The Body»), wovon es inzwischen auch zwei (!) indische und eine koreanische Version gibt, sowie «Contratiempo» («Der unsichtbare Gast»), den nebst
wiederum zweimal den Indern unlängst auch die Italiener unter dem Titel «Il testimone invisibile» aufgewärmt haben. Extrem nah am Original klebend, steht auch dort ein höchst erfolgreicher Jungunternehmer
unter Mordverdacht im Zentrum, selbstverständlich gespielt von Riccardo Scamarcio, der in den letzten Jahren gefühlt in 80 Prozent aller italienischen Kinohits mitgewirkt hat. Unter Hausarrest in
Milano erhält dieser Yuppie eines Abends Besuch von seiner neuen Anwältin (Paola Sambo), die ihn auffordert, die ganze üble Geschichte en détail nochmals von Anfang an zu erzählen – und dabei
gefälligst zu beachten, dass er sicher nicht schlauer sei als sie. Und so geht es also auch für uns wieder von vorne los in diesem definitiv schlaumeierischen «Nichts ist, wie es
scheint»-Katz-und-Maus-Spiel, und wir reisen nun eben auf Italienisch Rückblende um Rückblende zurück zur Ursünde, zu diesem Wochenende in Trentino mit der nun ermordeten Geliebten (Miriam
Leone), als die beiden in einen Fall von Fahrerflucht mit Todesfolge involviert waren. Was folgt, sind Enthüllungen und Revisionen, Vertuschungen und Revanchen, Lügen und Lavieren, Schuld und
Sühne, Tricks und Twists, die dermassen köstlich clever sind, dass man es ja irgendwie verstehen kann, wenn jeder seine eigene Kinoversion davon haben will.
Man kann es im Fall der Italiener nicht nur verstehen, sondern sogar absolut goutieren, hat «Il testimone invisibile» doch ein paar Trümpfe in petto, die jenen des spanischen Originals wenigstens
ebenbürtig sind. Nicht der geringste davon ist Scamarcio, der in einer Rolle nicht unähnlich jener im Brüderdrama «Euforia» abermals eine so beeindruckende wie einleuchtende Erklärung dafür
liefert, warum er denn so wahnsinnig viel beschäftigt ist. Aber auch die rassige und elegante Inszenierung von Regisseur Stefano Mordini ist ein formidables Argument. Und wem das noch nicht
genügt, der möge sich an der malerisch gebirgigen und bewaldeten Landschaft um das trentinische Molveno ergötzen. So oder so: Auch wenn hier ausgiebigst der cineastischen Sünde gefrönt wird, in
den Flashbacks zu schwindeln, bis sich die Balken biegen, ist dies eine Geschichte, die so gut ist, dass man sie sich auch ohne den finalen Überraschungseffekt noch ein zweites Mal zu Gemüte
führen kann. Mindestens.
«Wir folgen den Nachrichten nicht, wir machen die Nachrichten», sagt Roger Ailes (Russell Crowe) hier einmal voller Stolz und fasst damit ohne den Anflug ethischer Bedenken kurz und knapp
zusammen, wie es um die Arbeitsmoral dieses mächtigsten und einflussreichsten Fernseh-«Journalisten» der jüngeren Geschichte denn so bestellt war. Ailes, nach durchaus treffender
Eigenbeschreibung «fett, hässlich und paranoid», war es, der für den knallhart rechten australisch-amerikanischen Medienmogul Rupert Murdoch (Simon McBurney) vor einem Vierteljahrhundert den
Newssender Fox News aus dem Boden gestampft und ihn im Nu zur Nummer eins im US-amerikanischen Markt gepusht hatte. Unter dem nachgerade höhnischen Motto «Fair und ausgeglichen» wollte Ailes
jenen konservativen Amerikanern eine Echokammer geben, die in den Mainstreammedien ihre Anliegen nur unzureichend vertreten sahen, und der Republikanischen Partei eine regelrechte
Propagandamaschine zur Verfügung stellen. Wie skrupellos der einstige Medienberater der Präsidenten Nixon, Reagan und Bush senior dabei vorging, zeigt die Miniserie «The Loudest Voice» nun mit jener Schonungslosigkeit,
mit der Ailes seine Feinde zur Schnecke machte und oft genug endlich zur Strecke brachte. Basierend auf dem minutiös recherchierten 2014 erschienenen Buch des Journalisten Gabriel Sherman, zeigen
der Oscar-prämierte Serienschöpfer Tom McCarthy («Spotlight») und seine Regisseure Kari Skogland, Jeremy Podeswa, Stephen Frears und Scott Z. Burns, wie Ailes über zwei Jahrzehnte die Nachrichten
modellierte, manipulierte und fabrizierte und so zum Wegbereiter von alternativen Fakten und Fake News avancierte. Sieben entscheidende Phasen im Berufsleben von Ailes, verteilt auf die mit
Jahreszahlen betitelten sieben Folgen, dienen ihnen dabei als Orientierungspunkte: namentlich die Gründung von Fox News im Jahre 1995, die Attacken von 9/11, die Wahl von Barack Obama, die erste
ernste Auseinandersetzung mit dessen Administration, die Wiederwahl Obamas, der Skandal um multiple und jahrelange sexuelle Belästigung bei Fox News, der Ailes 2016 zu Fall bringen sollte, und
die Wahl Donald Trumps, an der Ailes kräftig mitschräubelte.
Ebenso wenig wie das gerade im Kino angelaufene Drama «Bombshell», in dem es exklusiv um den #MeToo-Fall von Roger Ailes geht, ist «The Loudest Voice» daran interessiert, die ominösen «beiden
Seiten der Geschichte» zu zeigen. Es liesse sich mithin argumentieren, dass dies auch nicht gerade «fair und ausgewogen» sei; im Fall von Roger Ailes gibt es aber halt nur diese zwei Sichtweisen:
eine richtige und eine falsche. Die verführerisch falsche, der «The Loudest Voice» nicht wirklich aufsitzt, ist: Dieser Mann war ein Genie. Die richtige ist: Dieser Mann, der 2017 kurz nach
seinem Rauswurf starb, war ein Lustmolch und ein Schwein, das Frauen demütigte und misshandelte. Er war ein Paranoiker, der von seinen Untergebenen Nibelungentreue verlangte und allerorten
Verschwörungen witterte. Er war ein Rassist, für den nur das weisse Amerika das echte Amerika war. Er war ein Nihilist, der die politische Debatte vulgarisierte und dem Ansehen des Journalismus
unermesslichen Schaden zufügte. Und am schlimmsten: Er war ein Aufwiegler, der das Land spaltete und die Stimmung vergiftete. So ist das, und da kann Roger Ailes noch so tot sein. Wie Russell
Crowe dieses monströse Ekelpaket, das dies alles wohl feist feixend aus der Hölle verfolgt, mithilfe von Fettanzug und dicker Make-up-Schicht spielt, ist ein Golden-Globe-gekröntes Ereignis. Und
er ist nicht der Einzige, der hier brilliert: Auch Sienna Miller als Ailes’ treu ergebene, geradeso konservative und paranoide Gattin, Naomi Watts in der Rolle der den #MeToo-Fall lostretenden
Moderatorin Gretchen Peters, Aleksa Palladino als so loyale wie enigmatische Sekretärin und vor allem Annabelle Wallis als eine von Ailes über Jahre sexuell ausgebeutete Fox-Angestellte setzen
Glanzpunkte. Was «The Loudest Voice» indes auch nach fast sechs Stunden Spielzeit nicht erhellen kann, ist, was all diese und noch viele weitere Frauen dazu bewog, so jemandem all die Jahre die
Stange zu halten. Was so am Ende überdauert, ist ein faszinierendes Stück Mediengeschichte und ein Zeugnis blanken, aber unvermindert diffusen Horrors: des nachhaltig zerstörerischen Wirkens
eines Mannes, dessen so vollkommene Boshaftigkeit und absolute Niederträchtigkeit ein Rätsel bleibt.
Über 20 Jahre ist es nun schon her, dass Jake Scott mit der unreif überstilisierten historischen Actionkomödie «Plunkett & Macleane» sein Spielfilmdebüt als Regisseur gab. Und was der Sohn
von Starfilmer Ridley Scott nun mit seinem tatsächlich erst dritten Kinowerk vorlegt, könnte nicht weiter entfernt sein von diesem lärmigen, mancherorts aber durchaus kultisch verehrten
britischen «Butch Cassidy and the Sundance Kid»-Verschnitt. Das in einer Kleinstadt in Pennsylvania angesiedelte Drama «American Woman» ist eine eher ruhige Angelegenheit. Über eine Zeitspanne von elf Jahren schildert es, wie das Leben
der jungen Grossmutter Debra (Sienna Miller) weitergeht, nachdem sie einen Schicksalsschlag erlitten hat, von dem sich manche nie mehr erholen. Es ist das Jahr 2003, als ihre Teenagertochter
(Popstar Sky Ferreira) von einem Date nicht mehr ins gemeinsame Zuhause zurückkehrt und spurlos verschwunden bleibt. Der lebensdurstigen, männerhungrigen Debra, gerade mal 32-jährig, obliegt es
so fortan, ihren Enkel aufzuziehen. Hilfe erhält sie dabei von ihrer Schwester (Christina Hendricks aus «Mad Men»), die direkt gegenüber wohnt, und später auch von Chris (Aaron Paul aus «Breaking
Bad»), mit dem sie für einmal vielleicht einen guten Fang gemacht hat.
Jake Scott beweist in dieser Charakterstudie ein Gespür für die Befindlichkeiten der amerikanischen Arbeiterklasse. Es ist seinem Film dabei auch eine umsichtige Zurückhaltung und das stete
Bemühen anzumerken, bloss nicht in Voyeurismus zu verfallen und seine alles andere als perfekte Heldin vorzuführen. Vielmehr verneigt er sich vor der schnodderig-taffen Debra und ihrem
ausgeprägten Sinn fürs Lebenspraktische. Und Hauptdarstellerin Sienna Miller errichtet dieser widerspenstigen Heldin mit ihrer Karrierebestleistung sogar ein kleines Denkmal. Für jeden
Entwicklungsschritt ihrer Figur findet sie scheinbar mühelos das passende Register, doch verschwendet Miller das Präsentieren der enorm breiten und facettenreichen Palette ihres mimischen
Vermögens nicht etwa für eine grelle Showdemonstration, sondern nutzt ihr kaum je so gezeigtes Talent, um das Publikum teilhaben zu lassen an Debras Schicksal und einem Leben zwischen Schmerz,
Wut, Kampf und einem nicht kaputtzukriegenden letzten Funken Hoffnung. «American Woman» ist ein Film voller Grautöne, der sich dank Millers nachgerade Oscar-reifer Performance, seines klugen und
nachvollziehbaren Aufbaus und nicht zuletzt seiner tief empfundenen Menschlichkeit ins Gedächtnis einbrennt.
Dieses «existenzialistische Roadmovie» aus dem Jahr 1971 hat eine treue Anhängerschaft: Edgar Wright liess sich von ihm für seinen geradeso kultverdächtigen Auto-Hit «Baby Driver» inspirieren,
Quentin Tarantino huldigt ihm in seinem B-Movie «Death Proof», Clint Eastwood zwinkert ihm in «Gran Torino» knapp und kernig zu, und Guns N’ Roses zitieren aus ihm im Song «Breakdown». Das Remake
von 1997 mit Viggo Mortensen und Jason Priestley ist derweil nicht weiter der Rede wert.
«Vanishing Point» handelt vom offenbar
vornamenlosen Ex-Rennfahrer Kowalski (Barry Newman), der einen weissen Dodge Challenger R/T von Denver nach San Francisco überführen soll. Weil Kowalski ein notorischer Spielertyp ist, kann er es
freilich nicht einfach dabei belassen und schliesst eine Wette ab: Innerhalb von 15 Stunden will er die 2000 Kilometer lange Strecke zurücklegen. Auf legale Weise ist so was natürlich nicht zu
bewerkstelligen. Und so bricht der mit Amphetaminen vollgepumpte Kowalski auf seiner Henkerfahrt durch den Südwesten der USA denn auch sämtliche Verkehrsregeln, die dem gemeinen Gesetzeshüter
heiliger als Jesus sind, und hat bald jeden Highway-Cop an der Backe, der sich von seinem Donut hat losreissen können. Aber er hat auch eine treue Anhängerschaft, eine regelrechte Fangemeinde.
Allen voran den blinden afroamerikanischen Radio-DJ Super Soul (Cleavon Little), der in dem Raser mit eigener Polizistenvergangenheit den «letzten amerikanischen Helden» sieht und ihn zu einer
Ikone des Widerstands gegen die erstickende Ordnungsmacht stilisiert. Und in der Tat ist «Vanishing Point» eine Art Abgesang auf den amerikanischen Traum, der für Kowalski in Vietnam und später
auch im Polizeidienst zum Hirngespinst geworden ist, wie Regisseur Richard C. Sarafian in zahlreichen Rückblenden zeigt. Diese Trips in die Vergangenheit, gepaart mit den genretypischen
menschlich wertvollen Begegnungen mit kruden Vögeln entlang der Strasse, sind es, die verhindern, dass einem übel und schwindlig wird vom horrenden Tempo, das Kowalski in seinem Dodge anschlägt.
Und dass sich eine gewisse Fadesse anschleichen könnte ob des doch recht eintönigen PS-Testosteron-Gemischs, das hier unter der brütenden Sonne auf den glänzenden Asphalt und über den staubigen
Strassenrand hinaus verspritzt wird. Stattdessen erhält dieser Muscle-Car-Porno so eine nachgerade mystische oder eben existenzielle Note à la «Zabriskie Point», ohne freilich in prätentiös
mysteriöse Grübelei zu verfallen, wie das in dieser Zeit en vogue war. Seinen Kultstatus musste sich «Vanishing Point» übrigens erdauern; bei seiner Veröffentlichung erhielt der Film recht
durchzogene Rezensionen. Aber die Kritiker von damals wussten halt auch nicht, dass die Zukunft dieses Genres von so was wie «The Fast and the Furious» definiert werden würde.
Das ist ein Film für Menschen, die Los Angeles lieben. Für Leute also wie den 1981 in Oregon geborenen Regisseur und Drehbuchautor Aaron Katz. Oder den Kameramann Andrew Reed, der recht eigentlich der Star dieses Mysterythrillers ist – oder sagen wir: der grösste Star in diesem Mörderrätsel, in dem auch die junge Hauptdarstellerin Lola Kirke oder Komponist Keegan De Witt ein dickes Ausrufezeichen setzen. Kirke spielt in «Gemini» die mit eigenen und fremden Dämonen kämpfende Jill, die ergeben für die impulsive Hollywood-Schönheit Heather (Zoë Kravitz) als persönliche Assistentin wirkt. Wie so vieles hier ist freilich auch das Verhältnis zwischen den beiden Frauen nicht eindeutig; rein beruflich scheint es jedenfalls nicht zu sein. Ein umso grösserer Schock ist es für Jill mithin, als sie eines Morgens Heather tot in deren Villa auffindet – erschossen mit einer Waffe, die sie sich eben erst besorgt hat. Als sie kurz darauf ins Zentrum der Ermittlungen von Inspektor Ahn (John Cho) gerät, macht sich Jill daran, den Mord eigenhändig aufzuklären.
Die im indigofarbenen Nachthimmel wehenden Palmen in der Auftaktsequenz machen es von aller Anfang an klar: Das hier ist ein düsteres «mood piece», ein Low-Budget-Film, dem die Atmosphäre
wichtiger ist als die Handlung, dem mehr an Stimmung als an Spannung gelegen ist, der also Stil über Substanz stellt. Das natürlich ist nicht jedermanns Sache, zumal «Gemini» nach einer dann
wider Erwarten doch recht flotten ersten halben Stunde gleichsam traumwandlerisch-schlaftrunken, halluzinierend-delirierend geradewegs auf ein durchaus antiklimaktisches Finale zusteuert – und
der neondurchfluteter Neo Noir trotz Hollywood-Topos und einer gewissen lynchigen Verschachtelung nicht gerade «Mulholland Dr.» ist. Hintergründig indes arbeitet er seriös an seinen Figuren und
hat unterschwellig sehr wohl einiges Gescheites zu sagen über verkrachte Identitäten und vertrackten Promikult im goldenen Käfig. Vor allem aber hat er eben etwas zu zeigen: nicht nur den
Elfenbeinturm Hollywood, sondern die Stadt der Engel in all ihren Facetten und endlich ihrer ganzen Pracht. Seit Michael Mann in «Collateral» hat kaum mehr jemand Los Angeles mit einem derart
wachen Blick und solch einer stilsicheren Coolness ins rechte Licht gerückt. Und so sollte man diesen Aaron Katz, auch wenn ihm hier bei Weitem nicht alles gelingt, unbedingt im Auge
behalten.