Bevor Michael Douglas ein Filmstar und Oscar-Preisträger, bevor er Gordon Gekko war, da war er Inspector Steve Keller vom San Francisco Police Department (SFPD). Und bevor er sich ein Image
machte in seinen Paraderollen als rotsehender Rächer, bumsfideler Bruder Leichtfuss oder stinkreicher Kotzbrocken, da war er also dieser zupackende, aber auch hintersinnige Charmeur, dieser
feixende Cop mit akademischem Background und einem Faible für schnittige Siebzigerjahre-Kluft. Und das nicht weniger als 98-mal und stets loyal an der Seite und bisweilen unter den Fittichen des
knorrigen Lieutenant Mike Stone (Karl Malden). In «The Streets of San Francisco» schauten diese in puncto Herkunft, Bildung, Alter und Attraktivität maximal diversen Partner als durch
Dick und Dünn patrouillierende und oft genug halsbrecherisch rasende Buddys in einer Stadt und einer Zeit zum Rechten, in der das Wort Gentrifizierung noch nicht einmal erfunden war. Das San
Francisco von Stone und Keller, das sind schummrige Bullenbars und suspekte Massagesalons, staubige Polizeiposten und speckige Imbissbuden, explodierende Beziehungskrisen, brandheisses
Bandenpflaster und irrlichternder Politaktivismus. Und dieser nichtsdestotrotz pittoreske Tummelplatz der Jazzer und Junkies, Streuner und Strizzis, Hasardeure und Huren, dieses sonnige
Sammelbecken der Poeten und Punks, Dockers und Dreamers, Trinker und Trickser ist natürlich auch die Bühne für Gaststars von Leslie Nielsen und James Woods über Vera Miles, Arnold Schwarzenegger,
Don Johnson und Tom Selleck bis Nick Nolte und Larry Hagman.
Von 1972 bis 1977 lief «The Streets of San Francisco», und in all der langen Zeit hat sich diese Golden-Globe-nominierte Serie nicht nur an unzähligen Verbrechen gegen Leib und Leben
abgearbeitet, sondern sich auch manchen gesellschaftsrelevanten Themas ihrer Zeit angenommen. Ebendiese sozialkritische Komponente erlaubt es denn auch, sie so ein bisschen als frühen Vorläufer
realistischer Polizeiserien wie «Hillstreet Blues», «NYPD Blue» oder «The Shield» zu würdigen. Zum stattlichen Authentizitätsquotienten beigetragen hat notabene auch, dass Malden und Douglas
zwecks Recherche ordentlich Zeit im SFDP verbrachten und zumeist an Originalschauplätzen in «Frisco», sorry, San Francisco (wie Keller und Stone gerne korrigieren) gedreht wurde. Und das Feeling
für die pulsierende Stadt wiederum, das wurde einem vom feurig-funkigen Jazz-Sound eingepeitscht. Die Langlebigkeit von «The Streets of San Francisco» war also durch mannigfaltige Argumente
abgesichert. Deren mit monumentalem Abstand vornehmstes war freilich die gleichsam magische Chemie zwischen Malden und Douglas – eine vor Herzlichkeit nachgerade überschäumende
Quasi-Vater-Sohn-Beziehung, wie sie unter Bullen nicht alle Tage vorkommt. Schmerzlich evident wurde das just in der fünften und letzten Staffel, als sich Inspector Keller – der bei uns übrigens
Heller hiess, um einer jetzt nicht eben wahrscheinlichen Verwechslung mit Erik Odes deutschem «Kommissar» vorzubeugen – gen Polizeiakademie und Michael Douglas nach Hollywood verabschiedete. An
ihre Stelle trat der sicher fesche, aber gar ungelenke Richard Hatch alias Inspector Dan Robbins – und auch wenn die Drehbücher noch immer auf der Höhe (der Zeit) waren, schwand das Interesse des
Publikums rapide. Michael Douglas holte sich derweil als Produzent von «One Flew over the Cukoo’s Nest» den ersten Oscar und lancierte seine Kinokarriere. Und mit seinem «Mentor» Karl Malden, den
er zutiefst bewundert und geliebt habe, blieb er bis zu dessen Tod im stolzen Alter von 97 Jahren eng verbunden. Alles andere wäre ja auch wirklich schwer zu glauben gewesen.