The Vast of Night

 

Wo soll man nur ansetzen bei seiner Lobeshymne auf dieses prächtige, höchst originelle cineastische Kleinod? Vielleicht beim Punkt, wie cool es doch ist, dass der 38-jährige Regienovize Andrew Patterson die 700'000 Dollar, die «The Vast of Night» gekostet hat, aus dem eigenen Sack finanziert hat – etwa über den Verdienst als Produzent von Kurz- und Werbefilmen für den Basketballklub City Thunder aus seiner Heimat Oklahoma. Sodann sollte wohl bald einmal gesagt werden, wie sinnvoll Patterson dieses Minibudget eingesetzt hat und wie elegant sein Science-Fiction-Kammerspiel als Folge davon rüberkommt. Das wiederum ist auch dem Talent und der Professionalität der weiteren Mitstreiter geschuldet, von denen man unbedingt als Erstes Kameramann Miguel Ioann Littin Menz herausstreichen muss: Wie der die Kleinstadt Cayuga, New Mexiko, auskundschaftet und vermisst, wie er sich an die Fersen der Protagonisten heftet oder in einem Höllentempo eine menschenleere Strasse hinuntersegelt und sich zwischen geparkten Autos hindurchzwängt, um zur vollgepferchten Tribüne und dem Spiel des örtlichen Basketballteams vorzudringen – das ist ein bärenstarkes Stück. Was sich freilich auch über das Produktionsdesign sagen lässt, das die Fünfzigerjahre in all ihrer Pracht hochleben lässt und Patterson damit offenkundig eine Narrenfreude bereitet, wie dessen in zahllosen Grossaufnahmen zelebriertes Faible für die antiken Gerätschaften und Apparaturen verrät. Und was diese schliesslich an Lauten von sich geben, ist dann eine Meisterleistung des Sounddesigns, dem hier eine der Hauptrollen zukommt.

Dies neben Jake Horowitz, der einen jungen Radio-DJ mit Maschinengewehr-Mundwerk mimt, und Sierra McCormick, die die 16-jährige Fay gibt – eine vife Highschoolschülerin, die sich als Telefonistin etwas dazuverdient. Ihre Jobs sind es denn auch, die die beiden forschen Jünglinge zu den zentralen Figuren an diesem mysteriösen Abend machen, dessen Geschehnisse wir in erster Linie aus zweiter Hand erklärt bekommen: von einem gesichtslos bleibenden Anrufer, der mit einem Rapport über ein traumatisches Ereignis während seiner Militärzeit in der Radiosendung jene seltsamen Geräusche zu verorten versucht, die Fay soeben über die Telefonzentrale empfangen hat; und von einer Seniorin, die bei sich daheim die wilden Spekulationen des Anrufers untermauert und mit ihrem Verdacht, ihr Sohn sei vor Jahren von Ausserirdischen entführt worden, eine ominöse Vorahnung gibt. Es wird hier also mit minimalsten Mitteln – im Zwiegespräch, über Erzählungen – maximale Spannung erzeugt. Und damit wären wir auch noch bei den Meriten des Drehbuchs angelangt, das Patterson unter Pseudonym gemeinsam mit Craig W. Sanger, ebenfalls ein Debütant, verfasst hat. Man wagt sich jetzt wohl nicht zu weit auf die Äste hinaus, wenn man dem Jungregisseur aus Oklahoma, der obendrein ein Jahr am Schnitt hantiert hat, prophezeit, dass er bei seinem nächsten Projekt über ein ungleich üppigeres Budget verfügen wird. Aber ob das dann auch den genialen Charme dieses im Stil einer «Twilight Zone»-Doppelfolge aufgezogenen Kabinettstücks versprühen wird, muss einstweilen so spekulativ bleiben wie die rätselhaften Ereignisse von Cayuga, New Mexiko, an diesem milden Sommerabend in den Fünfzigerjahren.