Vanishing Point

 

Dieses «existenzialistische Roadmovie» aus dem Jahr 1971 hat eine treue Anhängerschaft: Edgar Wright liess sich von ihm für seinen geradeso kultverdächtigen Auto-Hit «Baby Driver» inspirieren, Quentin Tarantino huldigt ihm in seinem B-Movie «Death Proof», Clint Eastwood zwinkert ihm in «Gran Torino» knapp und kernig zu, und Guns N’ Roses zitieren aus ihm im Song «Breakdown». Das Remake von 1997 mit Viggo Mortensen und Jason Priestley ist derweil nicht weiter der Rede wert.

«Vanishing Point» handelt vom offenbar vornamenlosen Ex-Rennfahrer Kowalski (Barry Newman), der einen weissen Dodge Challenger R/T von Denver nach San Francisco überführen soll. Weil Kowalski ein notorischer Spielertyp ist, kann er es freilich nicht einfach dabei belassen und schliesst eine Wette ab: Innerhalb von 15 Stunden will er die 2000 Kilometer lange Strecke zurücklegen. Auf legale Weise ist so was natürlich nicht zu bewerkstelligen. Und so bricht der mit Amphetaminen vollgepumpte Kowalski auf seiner Henkerfahrt durch den Südwesten der USA denn auch sämtliche Verkehrsregeln, die dem gemeinen Gesetzeshüter heiliger als Jesus sind, und hat bald jeden Highway-Cop an der Backe, der sich von seinem Donut hat losreissen können. Aber er hat auch eine treue Anhängerschaft, eine regelrechte Fangemeinde. Allen voran den blinden afroamerikanischen Radio-DJ Super Soul (Cleavon Little), der in dem Raser mit eigener Polizistenvergangenheit den «letzten amerikanischen Helden» sieht und ihn zu einer Ikone des Widerstands gegen die erstickende Ordnungsmacht stilisiert. Und in der Tat ist «Vanishing Point» eine Art Abgesang auf den amerikanischen Traum, der für Kowalski in Vietnam und später auch im Polizeidienst zum Hirngespinst geworden ist, wie Regisseur Richard C. Sarafian in zahlreichen Rückblenden zeigt. Diese Trips in die Vergangenheit, gepaart mit den genretypischen menschlich wertvollen Begegnungen mit kruden Vögeln entlang der Strasse, sind es, die verhindern, dass einem übel und schwindlig wird vom horrenden Tempo, das Kowalski in seinem Dodge anschlägt. Und dass sich eine gewisse Fadesse anschleichen könnte ob des doch recht eintönigen PS-Testosteron-Gemischs, das hier unter der brütenden Sonne auf den glänzenden Asphalt und über den staubigen Strassenrand hinaus verspritzt wird. Stattdessen erhält dieser Muscle-Car-Porno so eine nachgerade mystische oder eben existenzielle Note à la «Zabriskie Point», ohne freilich in prätentiös mysteriöse Grübelei zu verfallen, wie das in dieser Zeit en vogue war. Seinen Kultstatus musste sich «Vanishing Point» übrigens erdauern; bei seiner Veröffentlichung erhielt der Film recht durchzogene Rezensionen. Aber die Kritiker von damals wussten halt auch nicht, dass die Zukunft dieses Genres von so was wie «The Fast and the Furious» definiert werden würde.